Sechs Jahre ist es mittlerweile her, dass ich das letzte Mal in Alaska bzw das erste und bisher letzte Mal im Yukon in Kanada war; ganze 37 Tage war ich damals (ebenfalls dank einer Pause zwischen zwei Jobs) im späten Indian Summer unterwegs. Wer den Bericht damals gelesen hatte weiss, dass ich nicht nur Riesenglück mit dem Wetter hatte, sondern auch dass es mir der Hohe Norden generell als Reiseziel sehr angetan hat.
2018 hätte ich nie vermutet, dass es so lange dauern würde bis ich wieder in die Gegend kommen sollte, aber die Pandemie-Jahre haben bekanntlich vielen Plänen einen harten Strich durch die Rechnung gemacht. Als dann absehbar wurde, dass sich dieses Jahr wieder die Möglichkeit für ein Sabbatical auftun würde, war vor allen anderen Reiseplänen klar: es geht wieder in den Norden! Nur wohin, und wie lange genau, war erst einmal noch offen.
Die ersten Ideen zur Anreise-Planung
Von Zürich aus kann man auf verschiedenen Wegen in den Hohen Norden kommen – nach Anchorage (Alaska) oder nach Whitehorse (Yukon), mit Umsteigen in Frankfurt, in Toronto oder Montreal, mit Condor oder Lufthansa, etc. etc. Nach der tollen 2018er Reise möchte ich wieder im Yukon starten und dort erneut einen SUV mit Freigabe für Schotterpisten bei Driving Force mieten, was nicht nur mehr Freiheit in der Planung bietet, sondern auch noch (dank des relativ günstigen kanadischen Dollars) deutlich weniger kostet als ein Auto ab Anchorage.
Also gut, denke ich – dann fliege ich wieder nach Vancouver, und von dort aus weiter in den Yukon. Hat ja 2018 gut geklappt. Blöd ist nur, dass man heuer erst knapp 6 Stunden Aufenthalt in Vancouver hat, und der Anschlussflug dann erst gegen Mitternach in Whitehorse ankommt. Vielleicht sollte ich in Vancouver direkt 1-2 Tage Aufenthalt zum Eingewöhnen einplanen?
Vor dem Hohen Norden kommt der Weite Westen
Oder vielleicht könnte man aus dem Zwischenstop in Vancouver ja direkt einen eigenen Reiseteil machen? Ich wollte schon ewig lange mal die Nationalparks im kanadischen Westen (Jasper, Banff, Joho, etc) besuchen, das hat aber bisher nie geklappt – nicht zuletzt, weil man in den Parks immer sehr früh im Voraus passende Unterkünfte, Bus-Shuttles etc. buchen muss.
Eine Zugfahrt mit dem Rocky Mountaineer?
Wie im Bericht zu meiner diesjährigen Planung bereits erwähnt gab es vor einigen Jahren schonmal sehr konkrete Überlegungen zu einer Zugreise in Kanada; während meiner aktiven Ideensammlung für dieses Jahr bin ich dann auf YouTube eher zufällig auf diverse Berichte über den Rocky Mountaineer gestossen. Der Rocky Mountaineer ist (ähnlich wie der Glacier Express in der Schweiz) ein Panoramazug, der durch die schönsten Ecken von Westkanada fährt.
Ausgehend von Vancouver kommt man in die bekannten Nationalparks von Banff, Jasper und einigen anderen netten Locations. Die kürzeste Reise geht 2 Tage, wobei man nachts nicht im Zug sondern im Hotel übernachtet. Sogar der Transport der Koffer (und natürlich auch der Passagiere) wird von den Veranstaltern als Rundum-Sorglos-Paket organisiert, man muss sich also nicht selbst kümmern oder gar am Abend mit hundert Anderen nach seinem Gepäck im Zug suchen.
Auf der Webseite des Mountaineers werden neben Einzelstrecken auch diverse Rundreisen und Kombi-Pakete angeboten, mit denen man problemlos bis zu 16 Tage unterwegs sein kann, und neben 2-6 Tagen im Zug auch noch Aufenthalte in den Nationalparks dazu buchen kann. Verpflegung gibt es tagsüber im Zug, für die Hotels kann man drei unterschiedlich luxuriöse Pakete buchen, die in den Parks in der höchsten Ausbaustufe bis zu den sündhaft teuren Fairmont Hotels reichen.
Das klingt alles sehr attraktiv, zumal die Nationalparks im kanadischen Westen den leider berechtigten Ruf haben, von Touristen überlaufen zu sein, so dass man die guten Unterkünfte sehr früh im Voraus buchen (oder eben entsprechend flexibel sein) muss.
Ich hatte mich dann relativ schnell auf das Paket «Disovery Circle Journey Lake Louise» fokussiert – 8 Nächte/9 Tage Rundreise von Vancouver (über Kamloops) nach Jasper Nationalpark und Lake Louise, jeweils mit 2 Nächten Aufenthalt, und dann retour nach Vancouver.
4 Tage im Zug, 4 Tage in den Nationalparks, sich um nichts kümmern müssen – das hat zwar seinen Preis, aber klingt doch super. Oder?
Tatsächlich hatte ich, nachdem für den Juli und August schon sehr viele Reisedaten des Mountaineer komplett ausgebucht waren, irgendwann leichte Torschlusspanik bekommen, und dann eines Abends kurz vor 23 Uhr auf der Webseite des Mountaineer das Buchungsformular für den Reisestart am 15. Juli ausgefüllt.
Es fehlte eigentlich nur noch der Knopfdruck auf «Kostenpflichtig buchen», aber ich war immer noch etwas hin und hergerissen, welche Option ich nun beim Hotelpaket nehmen sollte. Also hielt ich nochmal inne, um bei Tripadvisor, Holidaycheck etc. detaillierter in die jüngeren Rezensionen zu schauen .. was letztendlich eine wirklich gute Idee war. Besonders 1-2 ausführlichere Bewertungen aus 2023 und 2024 mit Titeln wie «Was ich gerne vor der Reise gewusst hätte» waren sehr aufschlussreich.
Rückblickend zwar nicht überraschend, aber doch erhellend wenn es mal jemand für einen aufschreibt:
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- Man kann den Mountaineer gut und mit vernünftiger Aufpreispolitik auch als Alleinreisender buchen, insgesamt richtet sich das Angebot aber schon spürbar an Mehrreisende. Die Bestuhlung im Zug ist auch in der 1. Klasse 2+2 gereiht, und die Reisen sind im Sommer eigentlich alle vollständig ausgebucht – d.h. im dümmsten Fall sitze ich nachher mit meinem vollen Fotorucksack in Mitten einer Gruppe am Gang.
- Der Rocky Mountaineer ist auf Grund der hohen Nachfrage immer wieder um zusätzliche Waggons erweitert worden. Inzwischen fahren gut 900-1000 Leute in jedem Zug mit.
- Insofern funktioniert der Mountaineer also ähnlich wie eine Kreuzfahrt – wo immer er ankommt fallen 1’000 Leute wie die Heuschrecken ein.
- In Kanada haben Frachtzüge Vorrang vor Passagierzügen, d.h. auf seiner eingleisigen Strecke muss der Mountaineer öfters mal 2-3 Stunden auf einem Nebengleis anhalten, um Fracht vorbei zu lassen. Das sorgt regelmässig dafür, dass der Zug erst deutlich später als geplant, oft erst nachts, an seinen Zielen ankommt.
- Die Logistik, um 1’000 Passagiere und deren Koffer zwischen Hotel und Zug hin und her zu transportieren, ist immens – und daher zeitaufwendig. Der Mountaineer Betreiber hat ausserdem offenbar die ganze Logistik ausserhalb der Zugs an Partnerfirmen ausgelagert, die er nicht vor Ort koordiniert – bei Problemen mit z.B. dem Gepäck im Hotel ist also kein Ansprechpartner vom Zugbetrieb anzutreffen, der sich verantwortlich fühlen würde.
- Ein Reviewer berichtet, dass sie beim ersten Aufenthalt in Kamloops erst um 23 Uhr im Hotel ankamen, wo natürlich auch kein Restaurant mehr offen hatte – dafür mussten sie aber morgens bereits um 5 Uhr wieder los.
Und, last not least – wie mehrere Mountaineer-Reisende in ihren Reviews anmerken, verläuft der Canada Highway grössenteils parallel zur Bahnlinie, man kann also wunderbar einen Roadtrip aus der ganzen Sache machen und die gleichen Panoramen sehen, einfach in der eigenen Zeit-Taktung.
Und damit war es erstmal vorbei mit meiner bisherigen Planung, und anstatt den Zug zu buchen begann ich, mich näher in die Reisemöglichkeiten rund um die kanadischen Parks einzulesen. Auch hier war wiedermal einige Berichte aus meinem bevorzugten Reiseforum www.amerika-reisen.de eine Riesenhilfe.
Keine Zugfahrt…ist auch schön!
Nach ein paar Tagen Lektüre hatte ich genug Tipps für Unternehmungen und Übernachtungsoptionen zusammen, und kam zu dem Schluss: eine Reise mit dem Rocky Mountaineer ist ein tolles Erlebnis, man muss sich aber darüber im Klaren sein, auf was man sich damit einlässt. Eine Reise für 2-4 Tage mit dem Zug fände ich immer noch sehr spannend, und würde ich irgendwann gerne auch mal machen, aber 2024 gibt es nun einen Roadtrip mit richtigem Besuch in den Nationalparks!
Der Roadtrip (Kanada – British Columbia & Alberta)
Nach intensivem Studium der Karte und den Entfernungen zwischen den einzelnen Parkbereichen, den Empfehlungen aus verschiedenen Reiseberichten, plus den Flugpreisen zu unterschiedlichen Zeiten, begann sich eine passende Variante herauszukristallisieren. Anstatt nach Vancouver werde ich nun von Zürich aus nach Calgary fliegen, von dort mit dem Mietwagen eine One-Way-Reise durch die Nationalparks machen, und den Wagen dann in Vancouver abgeben und von dort aus weiter in den Yukon fliegen.
Auf Grund der hohen Nachfrage in Jasper, Banff etc. muss man dort wirklich alles für die Übernachtungen vorbuchen, dabei flexibel bei den Reisedaten und der Aufenthaltsdauer sein, und einfach damit leben, dass einige der in den Reiseberichten empfohlenen Unterkünfte 3 Monate vorher eben nicht mehr verfügbar sind.
Im Gegenzug mache ich dafür aber statt 9 Tage mit dem Rocky Mountaineer einen 18-tägigen Roadtrip mit dem Mietwagen, mit wirklich tollen Unterkünften an schönster Parklage, und bezahle für diese doppelt so lange Reise immer noch weniger als mich das Kombi-Paket beim Mountaineer gekostet hätte!
Den daraus resultierenden Reiseplan in der Kurzübersicht gibt es hier.
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