Nachdem Jan und ich uns gestern bereit erklärt hatten, unseren Randslot in der Bärenwache von Mitternacht bis 1:00 Uhr an Tomas und Leslie abzutreten, und dafür den von 4-5 Uhr zu nehmen, klingelt mein Wecker um 10 vor Vier.
Der Ablauf ist ähnlich wie gestern, schnell die Zähne geputzt, eine Tasse Tee geholt und hoch auf die Brücke. Während gestern aber noch etwas Vorfreude in der Luft lag, ist es heute etwas gedämpfte Stimmung. Das mag am Wetter liegen, das heute erst einmal deutlich trüber ist, oder daran dass wir trotz all der fleissigen Ausschauhalterei keine Tiere zu Gesicht bekommen haben.
Yves ist auch kurz da und sagt guten Morgen, will sich dann aber nochmal bis gegen 5 Uhr hinlegen. Jan und ich halten Ausschau, aber es ist nichts Spannendes zu sehen.
Die Stunde Wache schieben vergeht zwar nicht ganz so schnell wie gestern, aber dann steht plötzlich Yves wieder bei uns und übernimmt. Ich gehe nochmal ins Bett und schlafe bis zum Frühstück.
Die nächsten Stunden vergehen relativ ereignislos; eine Zeit lang sitze ich mit Andi und ein paar anderen Mitreisenden im Salon und schaue in Lightroom die Fotos der letzten Tage durch und entwickle die ersten guten Aufnahmen, halte ein Ruhepäuschen in der Kabine, oder gehe zwischendurch mal an Deck um die Umgebung zu sehen. Viel zu sehen gibt es aber tatsächlich nicht, der Tag plätschert so dahin.
Gegen 15.30 Uhr kommt Jan und berichtet von einer Walross-Sichtung; leider ist das Tier sehr weit weg, und die schlechte Sicht heute tut ihr übriges – dank der 800er Teles bekomme ich zwar ein paar Aufnahmen hin, aber die Bedingungen sind zu ungünstig für gute Bilder.
Stefan und Yves haben in Abstimmung mit dem Kapitän entschieden, dass wir das Packeis verlassen und wieder in Richtung der Fjorde von Spitzbergen fahren. Damit werden wir zwar wieder in der administrativen Zone mit ihren Einschränkungen sein, aber dafür mit besseren Chancen auf freundlicheres Wetter und schöne Landschaften.
Nach dem Dinner drehe ich eine Runde ums Schiff, um etwas wacher zu werden – das viele Nichtstun, das ständige Geschaukel vom Schiff und das gute Essen machen wirklich unheimlich dauermüde – da tut die in jeder Hinsicht «frische» Luft ganz gut. n.
Auf dem hinteren Oberdeck, wo wir sonst die Drohnen starten lassen, haben Stefan, Simon und Nikola den ruhigen Abend dafür genutzt, es sich im Hot Tub gemütlich zu machen. Bei einer Lufttemperatur von -30 Grad lässt es sich im 38 Grad warmen Wasser sicher gut aushalten, allerdings friert alles, was nicht im Wasser ist, ruckzuck ein – wie man sowohl an Nikolas Haaren wie auch an Stefans Wollmütze wunderbar sehen kann 🙂
Nachdem die tapferen Hot Tubber wieder bei uns anderen auf der Brücke sind schenkt Stefan eine Flasche Vodka aus Pyramiden aus. Pyramiden war eine russische Bergbausiedlung auf Spitzbergen mit über 1000 Einwohnern, heute steht sie seit 1998 als die nördlichste Geisterstadt der Welt unter Denkmalschutz. Es gibt aber nach wie vor ein Hotel und eine Bar dort, so dass Sommers wie Winters Besucher ihren Weg hierher finden. Der Vodka mag nicht der Beste der Welt sein, aber nachdem die Gästegruppe gut dreiviertel der Flasche leerprobiert haben, «opfert» sich die Crew der Freya und vernichtet den Rest des Inhalts in kurzer Zeit.
Später am Abend trifft sich die Gruppe nochmal im Salon für einen Absacker, aber wir werden alle nicht sonderlich alt heute – für die Nacht ist geplant, dass wir gut 180 Kilometer unter Volllast zurücklegen werden, damit wir am Morgen in den Fjorden sind. Um 23 Uhr liegen wir alle in unseren Betten; eine Bärenwache ist heute nicht nötig, und sofern uns Stefan nicht zwischendurch mit einer Sichtung wecken sollte, können wir morgen bis zum Frühstück ausschlafen. Ich stelle meinen Wecker auf halb acht, mache mir noch schnell einige Notizen zum Tag, und schlafe zügig ein.
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