Tag 49 – 31.08.24
Anm.: ich habe Mary, die Betreiberin des Chilkoot Haven, heuete mittag überzeugen können ihren Router zu rebooten, und zumindest im Moment habe ich wieder funktionierendes Internet – sie meinte aber, sie würde sich schon länger mit dem hiesigen Kabelanbieter herumschlagen. Manchmal geht es tagelang am Stück gut, dann unterbricht plötzlich immer wieder und ohne Grund die Verbindung, etc. Schau mer mal ob ich den Bericht von gestern hochgeladen bekomme!
Es ist grau und bewölkt als ich aufstehe, und bei nur 10 Grad ist es definitiv (erstmal) zu frisch um nur im T-Shirt herumzulaufen. Um 10 Uhr kanadischer Zeit verlasse ich das Haus in Haines Junction; mein Zimmer in der Chilkoot Haven Lodge in Haines, AK kann ich ab 15 Uhr alaskanischer Zeit beziehen, d.h. wegen den unterschiedlichen Zeitzonen habe ich jetzt nicht 5, sondern 6 Stunden Zeit bis dahin.
Der Weg nach Haines ist knapp 250 Kilometer, wobei es links und rechts entlang der Strecke immer wieder schöne Ecken gibt an denen man anhalten könnte – bei dem aktuellen Nieselwetter weiss ich aber nicht, wie oft ich das heute effektiv machen werde.
Der erste Stop ist dann nochmal bei der Village Bakery, wo ich einen grossen Kaffee und ein Stück Zitronen-Blaubeerkuchen mitnehme.
Auf dem Weg hinaus aus Haines Jct. halte ich nochmal oben am Berg, um einen Blick zurück zu werfen – vom gestrigen dramatischen Bergpanorama ist heute wenig zu erahnen, aber die geschichtete Wolkendecke mit den durchblitzenden Sonnenstrahlen hat auch etwas.
Danach regnet es mal wieder für ein paar Minuten; das ist aber schon wieder vorbei, als ich am Kathleen Lake angelange, also biege ich nochmal ab und esse mein Kuchenstückchen unten am See. Es ist aber sehr windig, und entsprechend ungemütlich, also bleibe ich nicht allzu lange.
Im weiteren Verlauf der Strecke bis zur US-Kanadischen Grenze wechselt das Wetter ständig und bietet tatsächlich mehr schöne Gelegenheiten als ich erwartet hätte. Auch die Drohne kann ich 2-3 mal steigen lassen.
Stichwort «optische Täuschungen» .. hier dachte ich beim Fahren erst «wow, das ist ja ein riesiger Felsbogen den der Berg da rechts drüber hat, dagegen ist der Arches Nationalpark ja nichts» bis mir dann klar wurde, dass das was ich für ein Loch im Berg gehalten hatte, durch das der graue Himmel durchscheint … in Wahrheit Schnee ist!»
Wenig später rennt weit vor mir ein Tier von links nach rechts über die Strasse; ich löse schnell die Kamera aus, aber es ist zu weit weg um sicher zu sein – ich glaube aber es ist ein junger Koyote gewesen.
Der Übergang von tiefhängenden Wolken zu Nieselregen ist fliessend (haha!)
An der kanadischen Grenze kann ich heute einfach durchrollen, nur das «einreisende» Land kontrolliert.
An der US Grenze verläuft alles problemlos, ein paar Fragen zu meinen Reiseplänen und ich kann durch. Ich nutze die Gelegenheit und frage den IO, ob ich am Dienstag bei der Ausreise irgendetwas beachten muss damit die USA wissen dass ich wirklich ausgereist bin. Er ist kurz aus seinem Einreise-Checklisten-Rhythmus gerissen, klärt die Sache aber sehr nett auf – seitdem es die grünen Einreisezettel im Pass nicht mehr gibt und alles auf elektronische Kommunikation umgestellt worden ist, muss ich tatsächlich nichts machen. Sobald ich am Dienstag die Grenze übertrete und in Kanada einreise, bin ich in den USA offiziell ausgereist. Prima, das ist doch eine Beruhigung!
Auf der amerikanischen Seite ist das Wetter erstmal grau in grau und windig; das bleibt insgesamt auch so, lockert aber immer wieder mal zwischendurch ein wenig auf.
Ein paar Kilometer später schleiche ich hinter einem Wohnmobil dahin als ein Scenic Viewpoint kommt und ich spontan abfahre, um das Wohnmobil davonziehen zu lassen. Wie schon öfters erwähnt zeichnet sich auch dieser Viewpoint dadurch aus, dass er fast komplett eingewachsen ist und man kaum etwas von der Scenic Umgebung sieht. Der Aussichtspunkt liegt am Berg und man kann auf den Fluss hinunterschauen, ein wenig sieht man das hier.
Ich will schon wieder gehen, da fällt mir auf der anderen Uferseite eine Bewegung auf – eine Bärin! Mit 2 … nein, mit 3 Jungen! Das vorletzte Jahr muss futtertechnisch hervorragend für sie gewesen sein damit sie 3 Junge zur Welt gebracht hat. Ich renne zum Auto zurück, das ich natürlich ganz am anderen Ende des Viewpoints abgestellt hatte, und hole das Tele. Die Bären sind zwar weit weg, und auch schon dran im Wald auf der anderen Uferseite zu verschwinden, aber ein paar Bilder bekomme ich noch 😊
Nachdem ich den Viewpoint verlassen habe kommt tatsächlich kurz danach eine Abzweigung, die zu einer Brücke über den Fluss führt – ich halte dort an in der Hoffnung, dass die Bärenfamilie vielleicht in diese Richtung weitergezogen ist, aber vergeblich – ich bekomme sie nicht mehr zu Gesicht.
Weiter geht es in Richtung Haines.


In Haines ist das Wetter erstaunlich gut, in der Sonne ist effektiv wieder T-Shirt-Wetter.
Ich steuere den IGA Supermarkt an, und stelle durchaus mit Freude fest dass der rumpelige Hinterhofparkplatz, an den ich mich noch von 2018 erinnere, nach wie vor (und offenbar unverändert) existiert. Ich besorge ein paar Flaschen Sprudel und ein Häagen-Dazs Eis, verpacke im Auto alles schnell in die Kühlbox, und stelle fest dass es inzwischen schon fast Zeit zum Einchecken in der Chillkoot Lodge ist.
Es ist eine gute Viertelstunde Fahrt von Haines bis zur Lodge. Unterwegs mache ich noch kurz Halt um den schönen Blick zurück auf den Hafen einzufangen.
Heute liegt kein Kreuzfahrtschiff dort, das mag sich morgen und am Montag nochmal ändern – was ich bei der Planung komplett übersehen hatte, obwohl ich es ja eigentlich weiss, ist dass am Montag in den USA der Labor Day ist. Der erste Montag im September ist hier traditionell das Ende der Sommerferien, an dem halb Amerika nochmal über das lange Wochenende verreist, bevor dann die Schule wieder losgeht. Auch sehr viele Shops, Touranbieter etc. hier oben beenden ihr Sommerprogramm zum Labor Day. Dieses Jahr machen die Meisten noch bis zum 8. September weiter, aber dann ist hier wirklich Season’s End. Es könnte also die nächsten beiden Tage hier noch voller werden.
Dann komme ich an Chilkoot Haven Lodge an, und beziehe mein Zimmer Nr. 3:
Ich bewundere gerade die Aussicht auf den Chikloot River von der Veranda der Lodge, die sich die drei Zimmer teilen, als die Nachbarn aus Zimmer 2 herauskommen. Die Beiden kommen mir bekannt vor, und nach kurzer Rätselei löst es sich – wir sind uns heute Mittag auf der kanadischen Seite schonmal auf einer Aussichtsplattform entlang des Alcan begegnet und hatten kurz geplaudert, als sie sich dort zum Mittagessen niedergelassen hatten. Small planet!
Die Beiden stammen aus Niagara Falls und kommen seit 6 Jahren alle 2 Jahre hierher und haben heuer 5 Nächte hier gebucht.
Weniger begeistert bin ich allerdings von dem, was sich unten im Fluss tut. Als ich 2018 Mitte September hier angereist war, hatte ich die ersten paar Stunden direkt damit verbracht, von der Veranda aus Bären und Adler zu beobachten. Was sich jetzt statt dessen im Fluss tummelt sind etwa 20 Angler … grrrr. Wie vor ein paar Wochen in Cooper Landing schon bemerkt hat es dieses Jahr auffällig viele Lachse, und damit auch sehr sehr viele Fischer in der Flüssen. Den Fischern sind die anderen Besucher entlang der Parkstrasse, die eigentlich fürs Wildlife hier sind, natürlich piepegal, und so lässt sich erstmal kein Wildlife blicken.
Nachdem ich mich in meinem Zimmer soweit eingerichtet habe fahre ich nochmal nach Haines zurück, um im «Alpenglow» etwas zu essen. Es gibt zwar schon wieder eine Pizza, aber immerhin vegi, und dazu endlich mal wieder einen richtigen Salat!
Gegen 18 Uhr bin ich zurück in der Lodge; es wird langsam dunkel, einerseits weil hier bereits um 20 Uhr Sonnenuntergang ist, und andererseits weil es mit den vielen tiefen Wolken eh schon nicht mehr sehr hell war.
Die Fischer sind weniger geworden, und ich beobachte mit dem Tele einen besonderen Depp – zusammen mit einem Kumpel hat er sich aufs Fischwehr positioniert, das über den Fluss spannt, und offenbar hat sich eine kleine Bärenfamilie ebenfalls dorthin auf den Weg gemacht. Anstatt endlich nach Hause zu gehen, versucht der Depp die Bären mit Lärm zu verscheuchen, und packt irgendwann sogar ein Airhorn aus und trötet damit herum. Der Kumpel vom Depp hat mehr Einsicht und zieht ihn irgendwann davon, und tatsächlich tauchen eine Viertelstunde später die Bären auf und gehen auf Fischjagd.
Gute Fotos davon habe ich allerdings keine; ich überlege zwar kurz, an den Fluss hinunter zu fahren um einen besseren Blickwinkel zu bekommen, aber einerseits ist es schon recht dunkel, und andererseits (und hauptsächlich deswegen) stauen sich bereits ein Dutzend Autos auf der kleinen State Park Strasse, um einen Blick zu erhaschen. Keine Ahnung wo die Leute alle so plötzlich hergekommen sind, vermutlich Fischer die gerade am Zusammenpacken waren, oder Camper auf dem Weg zum Campgound am Ende der Strasse.
Nun ja. Für morgen hat der Wetterbericht zwar Regen vorhergesagt, aber ich lasse es mal auf mich zukommen, und hoffe auf weniger Fischer und mehr Bären!
Unterkunft: Chilkoot Haven Lodge, Haines, Alaska
Gefahrene Km: 291
Schritte: 6’124
Fotos: 553
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