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Tag 42 – 24.08.24

Heute verlasse ich die TriValley Cabins bereits wieder; die nächsten 3 Nächte bin ich (wie schon 2015 und 2018) in der EarthSong Lodge gebucht.

Ich war immer etwas ambivalent im Hinblick auf die Cabins dort – vom Platz und Komfort bieten die TriValley Cabins schon spürbar mehr, bei vergleichbaren Preisen; dafür liegt die EarthSong Lodge ziemlich alleine oben auf einem Plateau, nochmal ein paar Kilometer weiter ausserhalb, und FALLS ich tatsächlich einmal eine Nacht mit klarem Himmel erwischen sollte gibt es hier sicher bessere Chancen auf schöne Aufnahmen – sei es «nur» vom Nachthimmel, oder mit viel Glück sogar vom Polarlicht. 2018 hatte ich hier ja schon einmal eine unglaublich intensive Aurora Borealis.

Aber gut, vorher steht ja erstmal die Bustour durch den Park an. Es hat nur 5 Grad draussen, und ich erinnere mich dass es in den Bussen mit der Zeit ziemlich kühl werden kann – aber immerhin habe ich die gute lange Thermounterhose damit nicht umsonst eingepackt! Und auch wenn es im Bus heute kein Problem werden sollte, bereue ich nicht dass ich sie angezogen habe.

Um 10.40 Uhr verlasse ich das Gelände der TriValleys und mache einen kurzen Halt in der Alskan Coffee Bean für den Guten-Morgen-Kaffee; danach bin ich plangemäss kurz nach 11 Uhr am Denali Bus Depot. Es wird immer empfohlen, dass man spätestens 15 Minuten vor dem Abfahrtstermin des Busses vor Ort ist, erfahrungsgemäss sind 20-30 Minuten besser, damit man nicht als Letzter in den Bus kommt.

Heute hat es schon eine Handvoll Leute draussen auf der Plattform. Ich geselle mich dazu und lege meinen Rucksack auf einer Bank am linken Rand der Plattform ab, und komme dabei mit Eddie und Rebecca ins Plaudern, einem Rentnerpaar aus Kentucky. Ein paar Minuten später fordert einer der Mitarbeiter vom Bus Depot uns auf, eine Schlange zu bilden – am linken Rand, ich bin also zufällig bereits am richtigen Ort und ganz vorne. Muss man sich merken!

Frank, unser Fahrer, bemüht sich am Anfang bereits darum unsere Erwartungen zu managen – es sei allgemein ein Sommer mit wenig Tiersichtungen gewesen; das liegt sicherlich daran, dass man einerseits nicht mehr so weit in den Park hineinfährt wie früher, und andererseits dass die Tiere natürlich mitbekommen haben dass die 2. Hälfte der Parkstrasse seit 3 Jahren nicht mehr bewirtschaftet wird.

Sie haben ausserdem die Tourbusse offenbar etwas aufgemodelt – alle Sitze haben nun 3-Punkt-Sicherheitsgurte, und die Sitze sind deutlich bequemer als früher. Unser Bus ist zwar gut gefüllt, aber (zumindest hinwärts) nicht voll, so dass ich meinen Nebenplatz mit meinem Fotorucksack belegen kann.

Das Wetter wechselt heute den ganzen Tag; auf den ersten 13 Meilen bis zur Savage River Check Station sehen wir keine Tiere, aber ein Blick auf die Landschaft lohnt sich ja immer.

Danach kommen wir in den Bereich, auf dem Privatfahrzeuge nicht mehr fahren dürfen (ausser mit Permit, zB. weil man sich auf einem der noch geöffneten Campingplätze weiter hinten im Park eingemietet hat).

Was mir auffällt: die Fall Colors scheinen heute bereits intensiver zu sein als gestern. Ich halte das erst für eine Täuschung, bis sich später auf der Fahrt Debbie auf den Platz neben mir setzt; sie und ihr Mann Mark sind Pensionäre aus Anchorage, die hier oben ein Ferienhaus haben und dementsprechend viel im Park unterwegs sind – sie bestätigt dass es heute Nacht unter Null Grad hatte, und dass das dafür sorgt dass die Herbstfarben hervorkommen.

Nach kurzer Zeit ruft jemand von hinten laut STOP und der Bus hält; linkerhand hat es Caribous in der Tundra. Prima, Caribous hatte ich auf dieser Reise noch nicht viele (wenn man mal von der einen 10-Sekunden-Sichtung in Katmai absieht).

 

Nach etwas anderthalb Stunden kommen wir an den ersten Halt am Teklanika River – 10 Minuten für einen kurzen Bio-Break und Blick auf das Flusstal.

 

Nochmal eine knappe Stunde später erreichen wir bereits Meile 43 mit der East Fork Bridge, und damit buchstäblich «The End of the Road».

Nach 20 Minuten Aufenthalt fährt unser Bus zurück in Richtung Parkausgang; es fängt an zu regnen. Viele Leute aus früheren Bussen sind am Fluss entlang gewandert und wollen auch langsam zurück; ein Mitarbeiter des Parks ist hier an Meile 43 stationiert und organisiert die Logistik. Aus unserem Bus sind ein paar Leute hier geblieben, aber mit den neuen Mitreisenden ist dann bis auf 2 Sitze alles voll.

Wenige Minuten später geht der Regen in Schnee über! Hier zwar nur kurzzeitig, aber trotzdem, wow.

Ein paar Minuten danach gibt es nochmal einen kleinen Wow-Effekt: vor uns hat ein Bus in Gegenrichtung angehalten, und alle Passagiere starren aufgeregt in ein Richtung – das ist immer ein guter Hinweis auf eine mögliche Tiersichtung. Und tatsächlich, da ist ein Grizzly! Zwar weit weg und auch mit Tele werden die meisten Bilder auf die Entfernung nicht scharf, aber wir haben einen Bären gesehen! Nicht schlecht für einen «Sommer mit wenig Tiersichtungen».

Im Gegensatz zu Katmai gibt es in den Flüssen im Denali keine Lachse, die Bären hier müssen also mit Beeren und Wurzeln vorlieb nehmen, und sind damit auch deutlich kleiner und weniger massiv als die Kollegen in Katmai. Irgendwo habe ich gelesen, ein Bär kann hier pro Tag bis zu 100’000 Beeren fressen – ein Vollzeitjob!

Etwas später auf der Fahrt stehen 2 Hiker am Strassenrand und winken dem Bus zum Anhalten.

Das ist auch einer der Unterschiede zwischen den grünen Transitbussen und den (teureren) weissen Bussen, die von einem Tourguide begleitet werden der die Fahrt über erzählt – man kann auf der Parkstrasse jederzeit aus einem grünen Bus aussteigen oder einen zum Halten auffordern und einsteigen (sofern genug Platz ist und man ein Ticket hat).

Das Hikerpaar hat Glück, es hat noch genau 2 Plätze für sie, einer davon neben mir. Debbie setzt sich zu mir und erzählt, dass sie und ihr Mann gerade eben auf eine Bärenmutter mit 2 Jungen aufgelaufen sind, und zwar nah genug um mit dem iPhone gute Bilder zu machen. In Katmai ist das schön und gut, hier draussen ist die Lage etwas anders, vor allem wenn Jungbären dabei sind. Debbie und Mark sind aber Locals mit Bärenerfahrung und verhalten sich richtig, und auch die Bärenmama macht genau das, was man möchte – nachdem sich die 2 laut bemerkbar gemacht hatten, hat sich die Bärin mit ihren Kindern zügig den Berg hinauf verzogen. Trotzdem waren sie sehr froh, dass genau in dem Moment ein Bus kam den sie anhalten konnten. 

Der Rest der Fahrt bis zum Bus Depot verläuft eher ereignislos – wir sehen einmal ein Moose, aber Frank hält so spät an dass uns ein anderer Bus die Sicht blockiert, und wir sehen nochmals unsere Caribous von der Herfahrt. An der Teklanika River Station machen wir nochmal kurz Pause, es steigen wieder Leute aus und zu. Der Platz neben mir ist wieder freigeworden, als wir eine halbe Stunde vor dem Bus Depot nochmal 2 Hiker aufsammeln. Einer der beiden setzt sich zu mir, mit zerissener Regenhose und klatschnassen Schuhen – er erzählt dass das was man für Tundra rechts und links hält in Wahrheit hüfthohes Gras und Buschgewächs ist, und dass es bei ihnen vor 2 Stunden geschneit hat. Allerdings nicht nur ein paar Flocken wie bei uns – er zeigt mir ein Foto von dem Schneemann, den sie gebaut haben!

Tja, das ist ein Sommer in Alaska – Schneemänner bauen im August 🙂

Ein paar Minuten nach 16 Uhr sind wir pünktlich wieder am Denali Bus Depot, und ich habe langsam doch Hunger, zumal Frühstück/Lunch heute ein Kaffee am Morgen und ein Müsliriegel im Bus war. Die 49th State Brewery liegt eh auf dem Weg zu meiner neuen Unterkunft, und um diese Zeit ist noch nicht so viel los (wobei «nicht viel» doch sehr relativ ist, die meisten Tische sind auch um diese Zeit schon besetzt). Ich bekomme problemlos einen Platz an der Bar, und bestelle einen Yak Burger mit Fries und ein Bier. Herrlich 🙂

Danach dauert es noch etwas mehr als 10 Minuten, bis ich bei der EarthSong Lodge angelangt bin, und meine Cabin No. 7 beziehe. Die Elektroheizung tut erstmal wieder nicht, bis ich feststelle dass jemand via Sicherungskasten den Heizkörper «abgeschaltet» hat. Damit löst sich das Problem und der Raum wird schnell mollig warm.

Was sich nicht so einfach lösen lässt ist das grauenhaft lahme Internet; das war hier früher ja schon so, aber ich hatte gehofft dass die EarthSonger das inzwischen (wie fast alle anderen Remote Locations in denen ich auf dieser Reise war) mittels StarLink gelöst hätten. Haben sie aber leider nicht, also muss ich wieder auf den Datenvertrag vom Handy zurückgreifen… dauert alles länger, und fotolastige Berichte wie die Gletschertour oder Katmai könnte ich von hier aus nicht hochladen, aber ich hoffe mal für heute klappt es.

Noch ein paar Eindrücke aus der näheren und weiteren Umgebung – was für ein Ausblick…

Unterkunft: EarthSong Lodge, Stampede Road, Healy, Alaska
Gefahrene Km: 55 (plus 137km im Denali Parkbus)
Schritte: 4’982
Fotos: 296