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Tag 38 – 20.08.24

Der Tag gestern hat doch ganz schön müde gemacht; komisch, kaum verbringt man 6 Stunden an der frischen Luft auf einem schwankenden Boot und dann noch mal viereinhalb Stunden im Auto, schon ist man k.o. Gestern Abend habe ich um 23:00 Uhr das Licht ausgemacht, und heute morgen trotzdem wie ein Stein bis 8:30 Uhr geschlafen als der Wecker geklingelt hat.

Das Wetter ist schön aber kühl mit 7 Grad. Ich laufe schnell die 5 m zum Badezimmer und mache den Heizlüfter an, bevor ich noch mal 10 Minuten unter die Decke krieche. Gegen 10:00 Uhr bin ich reisefertig, das Auto ist gepackt, und verlasse ich Hobbingen.

Mein Hauptziel für den heutigen Tag ist ein Ausflug mit Talkeetna Air Taxi. Ich habe dort für 16:00 Uhr die Grand Denali Tour mit Gletscherlandung gebucht; dabei fliegt man wieder mit einer DeHavilland Otter (gleicher Flugzeugtyp wie in Homer) 1 Stunde lang um den Denali, und landet sogar für 15-20 Minuten auf einem Gletscher. Meine bevorzugte Wetter App hatte für heute gute Bedingungen vorhergesagt, als ich das letzte Woche gebucht habe. Im Anschluss an den Flug werde ich dann meine neue Behausung für die nächsten zwei Nächte in Talkeetna beziehen.

Eine Viertelstunde nachdem ich von Hobbingen aufgebrochen bin ereriche ich auch schon Talkeetna, und bereits bei der Zufahrt auf den Ort wird klar, wie gigantisch gut das Wetter heute ist, als alle drei Gipfel der Talkeetna Mountain Range glasklar und scheinbar zum Greifen nah am Horizont aufragen.

In Talkeetna selbst suche mir erstmal einen Parkplatz. Um diese Zeit ist noch sehr wenig los im Ort, aber in jeder Seitenstrasse stehen Parkverbotsschilder, bis ich an einem kleinen Parkplatz neben einem Andenkengeschäft ankomme, an dem noch drei Plätze frei sind. Ich gehe kurz ins Geschäft und plaudere mit der Mitarbeiterin, die sich für die Rückfrage bedankt und meint, ich könne ruhig da stehen bleiben.

Nur ein paar Schritte entfernt befindet sich das Conscious Coffee, das laut Google gute Frühstücks-Crêpe macht – und einen Tomaten-Käse-Crêpe später kann ich das nur bestätigen.

Danach gehe ich zum River Park, der nur ein paar Schritte weiter entfernt liegt, und die Sicht ist fantastisch – die gesamte Mountain Range ist fast wolkenfrei sichtbar. Ich frage mich (weder zum ersten noch zum letzten Mal heute), ob ich nicht doch den frühen Flug um 8.30 Uhr zum Gletscher hätte nehmen sollen.

In der nächsten Seitenstrasse befindet sich die lokale National Park Service Ranger Station, wo ich mir noch den Jahrespass für die US Nationalparks hole. Für meine geplanten Tage im Denali hätte wohl auch ein Wochenpass gereicht, aber ich kaufe ja immer gern den Jahrespass weil die Nationalparks wirklich eine gute und unterstützenswerte Sache sind.

Danach flaniere ich etwas ziellos durch den Ort; Downtown Talkeetna besteht eigentlich nur aus Souvenirshops und Restaurants. Nach ein paar Minuten komme ich auch am Verkaufsstand von Talkeetna Air Taxi vorbei, an dem Moment nichts los ist, und plaudere ein wenig mit der Mitarbeiterin dort. Sie führt mich schwer damit in Versuchung, dass um 13:30 Uhr noch einen Platz für die gleiche Tour wie von mir für 16 Uhr gebucht verfügbar wäre. Ich überlege kurz hin und her, belasse es dann aber beim 16:00 Uhr Termin – der Berg macht zwar eh sein eigenes Wetter, aber für 16:00 Uhr ist die Vorhersage besser und hoffentlich das Licht schöner als um die Mittagszeit. Hoffentlich muss ich mich da drüber nachher nicht ärgern!

An dieser Stelle heisst es immer noch 3 Stunden Zeit herum bringen, bis ich zum Flugplatz muss/kann. Zuerst fahr ich zu Mahay’s Dock, einer kleinen Einwasserstelle für Boote das auf der Karte als Aussichtspunkt gekennzeichnet ist. Ausser einer pittoresken Eisenbahnbrücke gibt es aber nicht viel zu sehen.

Danach fahre ich weiter zum Christiansen Lake; auf die Ecke bin ich eigentlich nur gekommen, weil der See später auf dem Weg zu meiner neuen Unterkunft liegt, und weil ich gesehen hatte dass es dort eine Rast- und Picknick-Infrastruktur gibt.

Nach dem von Touristen überlaufen Städtchen ist das eine Wohltat hier – ich treffe ein Pärchen das mit zwei Kanus auf den See geht, gegen später landet ein kleines Wasserflugzeug auf dem See, aber ansonsten bin ich alleine hier.

Und dann ist es endlich 15 Uhr; man soll eine Dreiviertelstunde vor Abflugzeit am hiesigen Flughafen sein, und ich kann mich jetzt auf den Weg machen. Der Flughafen ist natürlich nicht mit dem vergleichbar was man von daheim kennt; hier starten und landen die Air Taxis von K2 Aviation und meinem Anbieter, und noch ein paar kleinere 2- und 4-Sitzer, sonst nichts – d.h. die grössten Flieger die hier untwegs sind, sind die DeHavilland Otter mit 10 Sitzplätzen.

Das kleine Flugdrama

Der Check-in ist schnell absolviert, und ich bekomme eine Boarding Karte für das «Team Red». Da heute so gutes Wetter ist boomt das Geschäft, und um 16 Uhr starten sechs Flugzeuge zu verschiedenen Touren, darunter auch 2 zu der von mir gebuchten Grand Denali Tour. Die erste Gruppe («Gelb») wird bereits um 15.30 Uhr zu ihrem Flieger geholt, und nach und nach werden wir immer weniger, bis um 16 Uhr nur noch eine 4-köpfige Familie aus Kalifornien und ich als «Team Red» wie bestellt und nicht abgeholt dastehen. Hat man uns vergessen? Sind wir zu wenig Leute für die grosse Otter und bekommen am Ende noch einen kleineren Flieger?

Kleines Drama Teil 1: Um 16 Uhr kommen dann plötzlich nochmal 5 Leute auf die Aussenterrasse; Eltern mit 2 Kindern und die Schwiegermutter – sie sind heute mit dem Zug aus Denali hierher nach Talkeetna gefahren, ein Baum war auf die Gleise gestürzt, und sie waren dementsprechend verspätet. Wer jetzt aber meint, das hätte auch nur den Anflug von Eile nach sich gezogen, hat die Mutter falsch eingeschätzt. Sie zieht den Kindern in Ruhe andere Klamotten an, philosophiert mit unserem Piloten darüber wie kalt es auf dem Gletscher wohl wird, und geht dann anschliessend noch die Wasserflaschen auffüllen. Ach ja, und ihr Gepäck aus Denali muss ja auch noch irgendwo untergestellt werden…

Kleines Drama Teil 2: Um 16:15 Uhr sind wir dann endlich soweit, es steht eh nur noch eine Otter auf dem Flugfeld in ein paar Schritten Entfernung, und die steuern wir an. Nach einem kurzen Sicherheitsbriefing steigen alle ein, und kaum sitzen alle springt die Mutter der Familie aus Kalifornien (die mit mir gewartet hatten) auf, und will den Flieger verlassen. Die Arme leidet an Platzangst, und wie ihr Mann nachher erzählt wohl so heftig dass sie nicht einmal Aufzug fahren kann. Heute war mal wieder ein Versuch, das zu überwinden, und da die Otter grosse Fenster hat haben sie gehofft, es würde gehen. Klappt aber dann leider doch nicht, sie bleibt am Boden zurück.

Die jüngere Tochter der Zugfahrer bekommt kurz solidarische Panik, lässt sich aber zum Glück von ihrer Mutter wiederum schnell beruhigen. Um 16.30 Uhr, anderthalb Stunden nach Check-in und eine halbe Stunde nach dem offiziellen Start, sind wir dann endlich in der Luft.

Grand Denali

Und was soll ich sagen: ich muss mich (abgesehen von den Dramen) nicht ärgern, dass ich nicht schon früher am Tag geflogen bin. Das Wetter ist immer noch herrlich, das Nachmittagslicht auch, und der Flug verläuft absolut ruhig.

Einen Punkt gibt es rückblickend den ich besser hätte vorbereiten können, aber auch darüber muss man sich am Ende nicht wirklich nerven: ich hatte damit gerechnet, dass die Plätze im Flieger wie in Homer gewichtsbalancierend zugeteilt werden, das ist hier aber nicht der Fall – es gilt «first come first serve» und jeder sitzt wo er will, bzw wo es noch Platz hat. Ich hatte im Vorfeld auch zu wenig darüber nachgedacht, also selber schuld: ich lande auf der linken Seite des Fliegers, und von der Routenführung her hat man rechts den besseren Blick auf die Berge. Unser Pilot fliegt zwar diverse Schleifen, damit beide Seiten jeweils beide Blickrichtungen zu sehen bekommen, aber insgesamt sitzt man rechts besser.

Pro Memoriam: die besten beiden Plätze sind die hinterste Reihe rechts und links; links hat man mehr Beinfreiheit und 2 komplette Fenster für sich, da dort der Einstieg in den Flieger ist.

Aber genug gejammert, hier ein paar Eindrücke aus dem Flug rund um Denali:

Nach etwa einer Flugstunde teilt uns Richard, unser Pilot, mit dass wir in Kürze auf dem Gletscher landen. Alle Flugzeuge die am Gletscher landen machen das nach dem gleichen Prinzip; der Gletscher verläuft gebogen hangabwärts, d.h. man landet bergaufwärts (weniger Bremsweg) und startet nachher wieder bergabwärts (mehr Schwung). Ausser uns sind noch 3 andere Flugzeuge hier, die aber innerhalb von ein paar Minuten bereits wieder am Start sind. 

Man muss es ganz klar sagen: die Gletscherlandung lohnt sich definitiv! Es gibt jede der angebotenen Tour-Routen mit und ohne Gletscherlandung, und die mit Landung sind etwa 110 Dollar teurer – aber das nicht zu machen wäre am falschen Ende gespart.

Da wir später gestartet hatten kommen wir auch entsprechend 30 Minuten später wieder am Flughafen an, sie haben uns also nicht weniger Zeit gegeben als den anderen. Der Rückflug ab Gletscher dauer keine halbe Stunde, da wir von hier aus in direkter Linie zurückfliegen; hinwärts haben die vielen Sightseeing-Kurven Zeit gekostet.

Vom Flughafen aus fahre ich direkt zu meiner Unterkunft für die nächsten beiden Nächte. Das Haus ist eine knappe Viertelstunde von hier entfernt, auch wenn das letzte Teil der Strecke wieder eine Alaskan Backcountry Road ist, die allerdings nochmal massiv schlimmer ist als die Strasse in Kasilof.

Und dann steht mitten im Nirgendwo ein topmodernes Haus – Lorena, die Besitzerin, ist Hubschrauberpilotin und wohnt offensichtlich auch ab und zu selbst hier.

Und was soll ich sagen: ich bin froh, dass ich mich von den Fotos vom Haus auf AirBnB überzeugen lassen hatte, das zu buchen, auch wenn es nur 2 statt der gewünschten 3 Nächte verfügbar war. Es ist nämlich schon wieder eine Unterkunft bei der ich sagen muss «das ist die Beste der ganzen Reise»!

Im Gegensatz zu Homer ist zwar sowohl der Hot Pod wie auch der Schwedenofen nur für Gäste im Winter nutzbar, aber das Haus an sich ist der Hammer. Toll geschnitten, grosszügig gebaut, komplett autark mit Solarzellen, schnellem Internet dank StarLink, viel Platz und (bei gutem Wetter) einer Aussicht zum Niederknien. Von der Ortschaft her gewinnt zwar nach wie vor Homer bei mir, aber das Haus hier ist wirklich ein  Traum.

Nach der ersten Besichtigung räume ich schnell die Sachen für die nächsten 2 Nächte aus dem Auto ins Haus, und fahre dann nochmal 20 Minuten in die Denali Brewing Company, wo ich gestern abend schon essen war – die Location hat mir gut gefallen, sowohl vom entspannten Personal wie auch vom guten Essen her.

Dort angelangt kommt gleichzeitig mit mir eine 6er Gruppe Männer an, die sich mit mir an der Bar zum Bestellen aufreihen. Einer sieht müde und verfroren aus, bestellt sich aber erstmal ein grosses kaltes Bier 🙂 Ich spreche ihn darauf an, und wir kommen nett ins Plaudern. Die Gruppenteilnehmer stammen aus Minnesota & Wisconsin, und machen seit Jahren zusammen jähtlich 1-2 Wochen Wanderurlaub – sein Neffe ist der Cheflogistiker und organisert alles, er (Randy) und sein Sohn (Luke) sind dabei, der Nächste ist der Mann von Randy’s Nichte, plus dessen Nachbar … wie solche Sachen eben zusammenkommen. Sie waren heute und gestern im Umland wandern, inkl. irgendwo im Wald zelten, und sind jetzt müde, nass und hungrig und haben daher die Wanderung einen Tag früher abgebrochen als geplant. Was mich dann aber wirklich umhaut ist dass Randy bereits 61 und pensionierter Tierarzt ist – geschätzt hätte ich ihn auf etwa 45…

Irgendwann bekommen wir dann alle unser Essen, und ich setze mich draussen noch etwas in die warme Sonne – das dürfte dem Wetterbericht nach vorerst die letzte Gelegenheit dafür sein. Gegen 21 Uhr bin ich wieder im Haus; man sieht bereits die Wolken aufziehen. Die letzte Grand Denali Flugtour heute ging um 18.30 Uhr, ob die wohl auch noch so eine tolle Sicht hatten wie wir?

Unterkunft: The Modern House, 22066 Christiansen Lake Road, Talkeetna, Alaska 99676, Vereinigte Staaten22066 Christiansen Lake Road, Talkeetna, Alaska 99676, Vereinigte Staaten22066 Christiansen Lake Road, Talkeetna, Alaska 99676, Vereinigte Staaten22066 Christiansen Lake Rd, Talkeetna, Alaska (via AirBnB)
Gefahrene Km: 91
Schritte: 9’210
Fotos: 621