Was zuletzt geschah: beim Mittagessen wurden wir informiert, dass es um 14 Uhr in die Schlauchboote gehen sollte, um in der Nähe für 2-3 Stunden wandern zu gehen und pünktlich zu einem frühen Dinner um 18 Uhr zurück zu sein. Um 19 Uhr sollte es dann mit den Zodiacs am Gletscher entlang gehen um Ausschau nach Bären zu halten.
Wie jeder gute Plan überlebt auch dieser den Kontakt mit der Realität nicht allzu lange, dazu aber gleich mehr.
Damit der Ausstieg aus den Zodiacs am Ufer später ohne nasse Füsse über die Bühne gehen kann, ziehen wir unsere Gummistiefel an und nehmen die Wanderschuhe separat mit an Bord.
Beim Besteigen unseres Zodiacs hilft uns heute wieder einmal Kathrine, eine junge Dänin die sich die Zeit bis zu ihrem Studienbeginn nächstes Jahr unter anderem damit vertreibt, dass sie an Bord der Freya als Matrose arbeitet. Und die Crew hat sie als vollwertiges Mitglied akzeptiert, egal ob es darum geht den Zodiac-Kran zu manövrieren, Schiffstaue zu schleppen oder Winden für die Ankerketten zu reparieren – ziemlich cool, aber ein Knochenjob. Wir fragen sie spontan ob sie nicht mit uns an Land kommen will (Kundengruppen steht es grundsätzlich offen, Crewmitglieder einzuladen, aber es kommt wohl nicht oft vor) – Torulf, der 1. Offizier, erlaubt es ihr da gerade nicht viel Arbeit anliegt, und sie freut sich offensichtlich sehr über die Einladung und die Möglichkeit, zum ersten Mal seit 2 Monaten wieder an Land gehen zu können.
Auf dem Weg ans Ufer fahren Yves und Oscar zwar nicht auf dem kürzesten, aber sicherlich auf dem spassigsten Weg durch Eisberge und -brocken, jagen elegant durch diverse Kurven und freuen sich daran dass wir so viel Spass an dem Ritt haben.
Vor Ort angekommen ist erst einmal umziehen angesagt, dann wandern wir los – immer gesichert von einem Guide der Ausschau hält, und 2 Guides um die Gruppe herum.

Die Guides sind aus Sicherheitsgründen immer alle bewaffnet wenn wir an Land gehen | Quelle: Peter L.
Wir sehen einige Rentiere, und weiter oben am Hang auch ein Schneehuhn, das allerdings ziemlich zerrupft aussieht – also bei weitem nicht so fotogen wie die Schneehühner, die wir anfangs der Reise an Land gesehen hatten.
Nochmal eine halbe Stunde später klettert Stefan eine felsige Anhöhe hoch, von der er sich guten Ausblick aufs Umland (und eventuelle Fuchssichtungen) verspricht. Scouten mit der Drohne ist hier leider nicht möglich; im Fjord befindet sich eine Forschungsstation, und alle potenziellen Störquellen (wie Drohnen, die auf 2.4 und 5 Ghz funken) sind streng verboten. Grundsätzlich müssten anscheinend sogar Kameras mit GPS Funktion in Koffer eingeschlosssen auf dem Schiff bleiben…
Oben angekommen macht sich bei Stefan bald Aufregung breit – er hat draussen auf dem Meer ein Hurtigrouten-Schiff entdeckt, das diverse Zodiacs abgesetzt hat die alle vor einer Insel bleiben. Der Grund dafür ist dann auch schnell erkannt: auf der Insel ist einen Eisbären-Mama mit 2 Jungen!
An der Stelle bilden sich 2 Fraktionen in der Gruppe heraus – die eine, zu der ich auch gehöre, will schnellstens zurück in die Zodiacs und in Richtung Bären fahren, die andere möchte erst noch die Wanderung fortsetzen. Die Frage wird noch durch 3 Umstände verkompliziert:
- Es sind wohl bereits mehrere andere grosse Schiffe, die das auch mitbekommen haben, auf dem Weg zu der Insel, und da die Anzahl Boote vor Ort zum Tierschutz gesetzlich limitiert ist, gibt es ein Wartereihen-System, das die Kapitäne untereinander koordinieren. Und man kann sich erst dann um einen Platz in der Reihe bemühen, wenn man vor Ort ist – aus der Ferne geht das also nicht. Stefan erzählt dass sie letztes Jahr einmal 8 Stunden lang vor Ort auf einen Slot von 1.5 Stunden warten mussten.
- Die Bären haben sich auf einer Vogelschutzinsel häuslich niedergelassen, was leider bedeutet dass alle Boote mindestens 300 Meter Abstand halten müssen
- Teilnehmer-Stefan ist nicht mit auf die Wanderung gegangen da er immer noch leicht kränkelt, und nachdem er schonmal eine Bärensichtung verpasst hat wäre es natürlich bitter für ihn, diese Gelegenheit auch nicht zu erleben. Ab einem gewissen Punkt ist es zwar persönliches Pech wenn man im Hotel oder auf dem Schiff bleibt während die anderen schöne Dinge schauen gehen, aber es ist trotzdem eine Überlegung.
Nach längerem Hin- und Her zwischen Oscar, Yves und dem Kapitän entscheiden die Guides: wir gehen zurück zu den Zodiacs, die Freya macht sich bereits auf den Weg zu uns um uns einzusammeln, und dann fahren wir auf der Freya in Richtung der Bären. Nicht nur, dass es bis zu der Insel ein ganzes Stück Weg ist, von der erhöhten Position des Schiffs wird man auch einen besseren Blick auf die Bären haben als vom Zodiac.
Gesagt, getan – eine knappe Stunde später sind wir auf der Freya und haben noch 45 Minuten Pause bis zum vorgezogenen Dinner. In der Zeit fährt die Freya uns in Richtung Vogelschutzinsel, ich schnappe mir ein original Freya Bier aus dem Kühlschrank und bewundere vom Bug aus die schöne Stimmung um uns herum.
Nach dem Dinner kreuzen wir dann vor der Insel. Überraschenderweise sind dann doch keine anderen Expeditionsschiffe zu sehen – die Hurtigrouten sind bereits weiter gezogen, und ausser uns liegt niemand auf Warteposition, vielleicht weil der 300 Meter Mindestabstand den Meisten zu viel ist. Ein Patrouillen-Schnellboot der Ranger ist auch schon vor Ort um sicherzustellen, dass sich alle an diese Regel halten.
An dieser Stelle gebührt (wieder einmal) unserem Kapitän und seinem 1. Offizier ein grosses Dankeschön – der beste Blick auf die Bären ist auf einer Strecke, die genau zwischen 2 Vogelschutzinseln liegt. Nun muss man aber von jeder dieser Inseln jeweils 300 Meter Abstand halten, und um das hinzubekommen muss man in dem Fall in einer virtuellen Fahrrinne bleiben, die nur 10 Meter breiter ist als unser Schiff.
Die Brücke bekommt es aber hin, uns zweimal hin und her zu fahren, so dass wir einen schönen Blick auf die Bärenfamilie haben. Die 300 Meter Abstand lassen sich zwar nicht wegdiskutieren, aber immerhin!
Stefan leiht dann sowohl Natascha wie auch mir testhalber sein neues 600/f4 Tele aus, ermahnt uns aber zur vorsichtigen Handhabung da die Teile derzeit 1.5 Jahre Lieferfrist haben. Abgesehen davon, dass mir das 600er deutlich zu teuer wäre, ist es auch noch bleischwer – mein 800er war da glaub’s wirklich ein guter Kompromiss.
Wir beobachten also ausgiebig die Bärenfamilie; nach einiger Zeit legen sich Mama und die Kids aber in einer Kuhle zum Schlafen hin, und es passiert erstmal nichts weiter.
Wir fahren daher an dieser Stelle erst einmal als Zwischenprogramm zurück zum Gletscher; dort hat es mehrere Dutzend Robben, die eigentlich quasi ein Selbstbedienungsbuffet für Bären darstellen – aber leider sichten wir dort nichts Spannendes, und daher findet auch die ehemals geplante 3. Zodiacfahrt nicht mehr statt.
Dafür gibt es aber nochmal eine zweite wunderschöne rostrote Robbe, die ähnlich fotogen ist wie die von heute morgen (war das echt auch erst HEUTE?)
Nach etwa einer Stunde geht es zurück zur Bäreninsel, und tatsächlich haben sich die Tiere nochmal bewegt. Wir können nochmal ein paar schöne Bilder machen:
Zu dieser Zeit ist es kurz vor 23 Uhr und der Kapitän bringt uns auf die Weiterreise in Richtung Longyearbyen. Wir sind etwa 10-12 Fahrstunden von dort entfernt, d.h. wir werden morgen sicher noch etwas sehen, aber langsam nähert sich die Reise definitiv ihrem Ende & wir haben zum ersten Mal wieder einen Zeitplan einzuhalten.
Ich beende den Tag mit weit über 4‘000 Fotos – die 1‘700 von der Robbenausfahrt am Morgen, plus 2‘400 hauptsächlich vom Vogelfelsen (beim Versuch, Puffins im Flug zu erwischen) und den Bären.
Gemachte Fotos: 4’718
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