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Kurz vor 7 Uhr werden wir geweckt, also nur eine halbe Stunde bevor sowieso der Wecker fürs Frühstück geklingelt hätte – unsere Scouts haben zwei Walrösser auf einer Eisplatte gesichtet. Also schnell in die warmen Klamotten geschmissen, Kamera gepackt und hinaus auf Deck.

Die Lichtstimmung ist unglaublich – es gibt zwar während der Mitternachtssonne keine richtige Dämmerung, aber ab und zu hat man doch so eine Art «goldene Stunden»-Stimmung.

Heute ist so ein Tag.

Hier sieht man übrigens auch die beiden Walrösser wegen denen wir ja eigentlich aufgestanden sind!

Die «Virgo» ist ebenfalls in der Nachbarschaft

Nach dem Frühstück gibt es draussen noch viel Gelegenheit, die Gegend zu bestaunen – die Freya ist in relativ dickes Eis eingefahren, und Nebel zieht auf.

Es gibt also erstmal diverse Vogelaufnahmen und Eiskunst-Fotos.

Die Trottellummen bewegen sich oft wild flügelschlagend durchs Wasser, bevor sie endgültig abheben. Manchmal heben sie auch gar nicht ab, sondern legen dutzende von Metern so zurück – etwa um der sich nähernden Freya aus dem Weg zu gehen.

Wenig später trübt das Wetter aber deutlich ein, und wir bleiben mitten im Eis stehen – es hat einfach so viel Nebel, dass man jegliche spannende Motive im Umfeld glatt verpassen würde.

Danach lasse ich dann auch mal wieder die Drohne steigen, auf Grund des Nebels sind die Bilder nicht so attraktiv, geben dafür aber einen guten Eindruck in was für einer «Suppe» wir uns aktuell (nicht) bewegen:

Danach ist erstmal Pause bis zum Mittagessen, und im Anschluss daran tut sich auch erstmal nicht viel – wir sitzen im Salon und bearbeiten Bilder, halten Nickerchen, etc. Ein ruhiger Nachmittag.

Gegen 14:30 Uhr lasse ich nochmal die Drohne hoch, es wird langsam etwas klarer

Irgendwann kommt dann das Signal zum Aufbruch, es hat deutlich aufgeklart, so dass unsere Scouts auch eine Chance haben etwas zu entdecken – die letzten paar Stunden hätte eine ganze Polarbärenfamilie in 200 Metern Entfernung übers Eis schlittern können und wir hätten es im Nebel nicht mitbekommen.

Wir sind erst kurze Zeit unterwegs, da ruft Stefan begeistert von der Brücke herunter. Er ist wieder mit der Drohne am Vorausfliegen (kein Wunder hat er 4 Drohnen und ich glaube 12 Akkus mitgenommen!) und hat auf einer Eisscholle Spuren entdeckt, die schwer nach Eisbär aussehen.

Alle sind plötzlich wieder hellwach und an Deck, und als wir näher kommen bestätigt sich, dass es tatsächlich relativ frische (d.h. maximal ein paar Stunden alte) Bärenspuren sind. Unser erstes Anzeichen für Bären auf der Reise!

Man sieht allerdings anhand der Spuren auch gut, an welcher Stelle der Bär offensichtlich vom Eis ins Wasser gegangen und davon geschwommen ist. Wir bleiben einige Zeit an Ort und Stelle, während Stefan mit der Drohne das Umland abfliegt, allerdings leider ohne Erfolg.

Nachdem klar ist dass unser «Spurenbär» wohl nicht mehr hier auftauchen wird, fahren wir weiter. Wie die Meisten anderen verbringe ich einen guten Teil des Nachmittags an Deck, voller Hoffnung auf weitere Bärensichtungen, und fange in der Zeit ein paar andere schöne Motive ein.

Birdies!

Eine einzelne Robbe im Eis, aber ohne grosses Tele zu weit weg

Gestern hatte ich mich zwischendurch einmal etwas geärgert – ich muss auf dieser Reise buchstäblich tausende von «Birds in Flight» Aufnahmen gemacht haben, und gestern hatte ich etwas eingefangen das ich schon ein paar Mal gesehen, aber nie mit der Kamera erwischt hatte. Die Vögel hier draussen fliegen oft extrem nah über der Wasseroberfläche dahin, und gelegentlich so tief dass sie mit einer Flügelspitze ins Wasser tauchen und einen «Strich» Kielwasser in die Oberfläche einzeichnen.

Gestern hatte ich endlich mal den richtigen Vogel anvisiert als er genau das gemacht hatte, wenn auch etwas weit weg .. und als ich diese Bilder nachher am Laptop angeschaut habe musste ich feststellen, dass sie alle unscharf waren, da ich eine zu lange Verschlusszeit eingestellt hatte. Grmpf!

Aber, good things come to those who wait! Heute gelingt mir exakt diese Aufnahmeserie von einem Eissturmvogel, und zwar gestochen scharf und bildfüllend.

Wenig später am Nachmittag sehen wir eine Robbe auf einer Eisscholle – das Motiv hatten wir zwar auch schonmal, aber es ist doch immer wieder schön!

Nach dem Dinner nimmt das Schiff Kurs auf einen der Höhepunkte der Reise, den Bråsvellbreen Gletscher – ein etwa 180 Kilometer langes und ca 30 Meter hohes Eiskliff. Der Gletscher liegt am südlichen Ende der Hinlopen-Strasse und wird von Reiseanbietern wegen seiner eindrücklichen Grösse gerne mit der Eismauer aus «Game of Thrones» verglichen.

Der Weg dorthin ist ebenfalls schon sehr malerisch, und Stefan empfiehlt uns ab 21.00 Uhr an Deck zu sein, mit dem Ziel gegen 22 Uhr am Gletscher anzukommen.

Der Empfehlungen folgen wir natürlich schon lange vor der Zeit, und man kann die Eiswand bereits um 20 Uhr gut in der Ferne sehen. Das Wetter ist zum Glück aufgeklart, mit ein paar pittoresken Wolken, genau das was man sich für schöne Fotos wünscht … als wir plötzlich merken, dass unsere Freya den Kurs geändert hat und sich wieder vom Gletscher weg bewegt!

Und dann kommt auch schon die Information von der Brücke – die «Virgo» hat in der Nähe bei einer Walrosskolonie Eisbären gesichtet, eine Mutter mit einem Jungen!

Wir sind also natürlich jetzt auch auf dem Weg dorthin. Zur besseren Einordnung, so sieht unser Tag (Punkte 7-10) dann im Rückblick auf der Karte aus, die Celina dankenswerterweise jeden Tag mehrfach für uns im Salon auf den aktuellen Stand bringt:

Bevor wir Bären sehen kommen wir erstmal an einer Eis-Insel mit einer Kolonie weiblicher Walrösser vorbei; diese Kolonien stehen unter speziellem Schutz, es heisst also Abstand halten.

Die «Virgo» – ein Foto mit schlechter Qualität, zeigt aber wieder «gut» die Folgen des Hitzeflimmerns bei grossen Brennweiten und Distanzen

Und dann sehen wir sie – die Eisbären-Mama! Leider sehr sehr weit weg, sie dürfte gut einen Kilometer von uns entfernt an Land unterwegs sein. Näher heranfahren können wir leider nicht, somit ist es ein Pixelbär .. aber immerhin mit Fernglas gut zu sehen, und somit erleben wir unseren ersten echten Eisbären auf dieser Reise.

Das hier wäre also das Foto in Originalgrösse & Auflösung...

Gleiche Entfernung, aber bearbeitet und eingezoomt. Es ist schon irre, was man auf 1km Distanz hinbekommen kann, aber andererseits ist er auch definitiv mehr zum erahnen als scharf abgebildet.

Mama und Kind 🙂

Zum Vergleich: Stefan schickt seine Mavic 3 in Richtung Festland los, eine Drohne die u.a. mit einem 200mm Teleobjektiv ausgerüstet ist. Damit kann er sich ausreichend weit entfernt von den Bären aufhalten ohne sie zu stören, und trotzdem schöne Aufnahmen einfangen.

DJI Mavic 3 | Quelle: Stefan Forster

DJI Mavic 3 | Quelle: Stefan Forster

Nach den Pixelbären beobachten wir noch ein Weilchen die Walrosskolonie.

Nun denn, es ist 22 Uhr und (immer wieder faszinierend) weiterhin taghell; wir kehren zurück zum ursprünglichen Plan und machen uns erneut – wenn auch etwas später – auf zum Bråsvellbreen Gletscher.

Kurz vor 23 Uhr kommen wir an und verbringen eine gute Stunde hier, und es ist wirklich wieder ein Highlight – das gute Wetter, die dramatischen Wolken, das tiefblaue Meer und die hellblauen Flüsse die sich durch die Oberfläche des Gletschers ziehen (wenn man eine Drohne hat um sie zu sehen) sind einfach wunderschön.

Die ersten beiden Bilder sind bei Anfahrt mit der Kamera vom Schiff aufgenommen…

…dann erfolgt der Umstieg auf die Drohne. Achtung, es gibt viele Bilder 🙂

Schön zu erkennen: der Gletscher produziert diverse Wasserfälle durch sein tauendes Oberflächenwasser

Es ist schon Mitternacht als wir uns vom Gletscher auf den weiteren Weg machen. Ein guter Teil der Gruppe befindet es an der Zeit um eine neue Tradition ins Leben zu rufen, den «Bären-Whisky» – gemäss dessen bekommt man einen weiteren Bären zu sehen wenn man auf jede Sichtung anstösst. Es braucht nicht viel Überzeugungskraft, und wenig später haben wir in der Bar die (ansehnliche) Whisky-Auswahl gefunden und jeder sitzt mit einem Glas im Salon. Skål!

Gemachte Fotos: 1295
Unterkunft: MS Freya, Kabine 2