Nachdem ich gestern abend noch einige Zeit mit den Fuchsfotos beschäftigt war, ist die Nacht trotz des späteren Aufstehens nicht wirklich lange gewesen. Das ständige Tageslicht sorgt aber effektiv dafür, dass ich mich nicht wirklich müde fühle.
Um halb zehn bin ich beim Frühstück, und kurz vor 10 Uhr trifft sich die Gruppe vor dem Hotel zum Gummistiefel fassen. Für die Ausflüge auf den Zodiacs werden wir gute wasserdichte Stiefel brauchen, und bis auf ein Mitglied der Gruppe, der seine eigenen Stiefel mitgebracht hat, haben sich alle dafür entschieden vor Ort zu mieten.
Spannenderweise bekommen wir die Stiefel im Schweizer Konsulat – die Schweiz ist das einzige Land, das einen Honorarkonsul auf Spitzbergen hat, alle anderen Länder haben ihre Vertretungen ausschliesslich auf dem norwegischen Festland (Russland hat in der separaten russischen Siedlung Barentsburg auch noch ein Konsulat eingerichtet, aber das soll hier mal aussen vor bleiben). Marcel Schütz ist ein Tourenführer und seit Ende 2021 der hiesige Honorarkonsul. Es gibt jedes Jahr rund 3‘000 Übernachtungen von Schweizer Bürgern auf der Inselgruppe, daher leistet sich die Schweiz eine Vertretung vor Ort – und wie fast alles in Longyearbyen ist auch das Konsulat nur 3-4 Minuten zu Fuss von unserem Hotel entfernt.
Sogar mit Wappen gekennzeichnet: das Schweizer Konsulat, und ich!
Das Konsulat ist in den Geschäftsräumen von „Spitzbergen-Reisen“ angesiedelt:
Der Konsul selbst ist heute nicht vor Ort, aber eine (deutsche) Mitarbeiterin versorgt uns. Tatsächlich ist die Welt hier sehr klein – das Buch „Spitzbergen: arktische Abenteuer unter Nordlicht und Mitternachtssonne“ das ich mir zur Einstimmung auf die Reise gekauft hatte, steht hier zum Verkauf im Regal und wurde von Chris, dem Geschäftspartner von Marcel geschrieben. Ebenfalls im Angebot: handgestrickte Wollmützen, die seine Tante in Kleinserie herstellt. Und natürlich Gummistiefel!
Nachdem wir alle unsere Stiefel erfolgreich anprobiert haben fragt Willy die Mitarbeiterin noch an, ob sie uns einen Spitzbergen-Stempel in den Pass machen würde – einen offiziellen Einreise-Stempel gibt es zwar nicht, aber sie kommt dem Wunsch gerne nach. Einige (inkl. mir) hatten ihren Pass im Hotel gelassen, aber der ist dank der kurzen Wege schnell geholt, und so sind ganz viele von uns jetzt stolze Besitzer von Spitzbergen-Stempeln. Ich kaufe mir bei der Gelegenheit noch ein schönes T-Shirt mit Polarbär (Tourist halt!) und dann ist es höchste Zeit, im Hotel das Gepäck fertig zu machen und auszuchecken – bis 11 Uhr müssen wir aus den Zimmern sein.
In einer perfekten Tetris-Nachahmung verstaut Stefan dann all unser Gepäck inkl. Foto-Rucksäcken (und Gummistiefeln) im Mietauto. Wir dürfen erst ab 16 Uhr auf die Freya; die vorherige Reisegruppe hat heute morgen um 9 Uhr erst das Schiff verlassen, und die Crew braucht entsprechend Zeit, um alles für uns parat zu machen.
Wir haben somit gute 4.5 Stunden zu füllen bis wir uns auf den Weg zum Hafen machen, und mich zieht es wie die Meisten direkt ins Fuente zum Kaffee trinken und Bilder auf dem Laptop schauen. Da heute auch ein Kreuzfahrtschiff im Hafen liegt, das über 2‘000 Passagiere an Land ausgespuckt hat, ist der Ort ziemlich voll, aber Dank Dieters und Nataschas Voraussicht haben wir einen grossen Tisch im Fuente für uns. Zwischendurch gehen fast alle auch nochmal in den umliegenden Läden shoppen, so auch ich – eine wasserdichte 50L Reisetasche ersetzt mein doch recht limitiertes 2. Gepäckstück, und eine warme Windjacke von Arc’teryx komplettiert die Outdoorgarderobe (und das erst noch zu einem besseren Preis als es in der Schweiz gekostet hätte).
So vergeht die Zeit dann recht zügig, und kurz vor halb vier brechen wir in Richtung Hafen auf, ein gemütlicher ca. 20 minütiger Spaziergang durch Longyearbyen. Unterwegs kommen wir noch an der nördlichsten Tankstelle der Welt vorbei:
Auf dem Weg zum Hafen sehen wir auch die «Rembrandt van Rijn» wieder, das wunderschöne Segelschiff von gestern, das heute auch hier vor Anker liegt um ihre nächste Gruppe einzusammeln.
Und dann sind wir auch schon an der Freya – jetzt geht die Reise bald erst richtig los!
Ein Gruppenbild vor Reisestart muss sein:
Die Kabine ist erstaunlich geräumig, gerade für ein Expeditionsschiff – im Vergleich zu der Balkonkabine, die ich 2015 in der Inside Passage hatte, würde ich sogar sagen dass das Badezimmer spürbar grösser ist als damals auf dem „echten“ Kreuzfahrtschiff, und der Platz in der Kabine ist ebenfalls grosszügig (zumindest als Alleinreisender).
Schnell die Koffer ausgepackt und in den diversen Staufächern und Schränken untergebracht, dann sammelt die Crew das leere Gepäck ein und verstaut es während der Tour im Frachtraum.
Wir machen eine erste schnelle Besichtigungsrunde durch die Freya während die Crew das Ablegemanöver vorbereitet.
Das Oberdeck am Heck, hinter der Brücke – hier sind die Rettungsinseln und der Hot Tub untergebracht, ausserdem ist es die designierte Start- & Landezone für die Drohnen:
Der Salon – unser Aufenthaltsraum, in dem wir im Lauf der Reise viel zusammensitzen werden:
Zum Ablegen sind alle draussen und bewundern das Procedere, und nach kurzer Zeit verlassen wir den Hafen und machen uns auf den Weg.

Ein Expeditions-Cruiser – deren Reisende waren in Longyearbyen gut an ihren gelben Parkas zu erkennen
Nach einer kurzen Führung durch das Schiff stellen sich der Kapitän und die ganze Crew im
Aufenthaltsraum vor, alle sind supernett, sehr um uns bemüht und es herrscht eine lockere und sehr angenehme Atmosphäre.
Nicht auf dem Crew-Foto oben abgebildet sind unsere 3 Guides – Celina, Yves und Oscar:
Celina ist eine Deutsche, die schon seit Jahren in Norwegen lebt und diese Saison das erste Mal als Guide mit an Bord der Freya ist. Mit Oscar und Yves arbeitet Stefan schon länger zusammen, beide haben jeweils schon über 100 Expeditionsfahrten mitgemacht und betreut. Oscar ist darüber hinaus ein begnadeter Geschichtenerzähler und Gitarrenspieler, das werden wir aber erst im Lauf der Reise näher herausfinden.
Benachbart zum Salon/Aufenthaltsraum ist die Messe, also der Bereich wo wir und die Crew jeweils essen; hier hat es auch rund um die Uhr Zugang zu einem Riesenkühlschrank mit Softdrinks, Bier etc. und zu einem Barbereich mit Wein, Schnaps etc. und Snacks. Immer wenn man sich etwas nimmt macht man einen Strich auf einer Namensliste, die am Ende der Reise abgerechnet wird – sehr unbürokratisch & vertrauensvoll. Auf der ganzen Reise hatten wir nicht einmal das Gefühl, dass irgendjemand das kritisch beobachten würde – im Gegenteil, am letzten Abend hatte mich der 1. Offizier sogar augenzwinkernd ermahnt, mir mehr Whisky einzuschenken als ich eigentlich nehmen wollte.
Dann bekommen wir noch die obligatorische Sicherheitseinweisung – wo finden sich die Rettungsinseln und -anzüge, wie legt man den Rettungsanzug an, etc.
Um 19 Uhr gibt es das erste Abendessen, bis dahin hat es noch etwas Zeit für ein paar erste Aufnahmen vom Schiff aus.

Die «Virgo» ist ein Schwesterschiff der Freya; sie werden wir im Lauf der Reise noch ab und zu aus der Ferne wiedersehen
Beim Dinner erklärt uns Michelle (unsere Köchin auf dieser Reise) den üblichen Ablauf:
Jeden Morgen haben wir um 8 Uhr Frühstück, um 13 Uhr Mittagessen und um 19 Uhr Abendessen. Frühstück und Lunch gibt es jeweils als Buffet, Abendessen wird serviert und besteht abwechseln aus Vor- und Hauptspeise bzw Hauptgang und Nachtisch. Um 10 Uhr und 15 Uhr gibt es ausserdem noch jeweils „Fika“, einen Zwischendurch-Snack – das kann ein Smoothie sein, selbstgebackene Kekse oder was auch immer Michelle einfällt.
Bis auf wenige Ausnahmen sind die Essenszeiten unsere einzige fixe Struktur im Tag – schöne Motive kann und wird es zu jeder Tages- und Nachtzeit geben, d.h. wir werden ggf. auch mal vor dem Frühstück schon ein paar Stunden im Zodiac verbringen, aber die Essenszeiten bleiben meistens bestehen.
Das Essen ist ausgezeichnet, Peter und ich teilen uns noch eine Flasche Rotwein dazu (zum erstaunlich normalen Preis, v.a. für norwegische Verhältnisse) und nach dem Essen nehme ich angesichts des Geschaukels noch eine Tablette Itinerol gegen Seekrankheit. In Kombination macht das alles ganz schön müde, und so falle ich gegen 21 Uhr dann auch ins Bett.
Gemachte Fotos: 116
Unterkunft: MS Freya, Kabine 2
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