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Die letzte Nacht hat sich auf jeden Fall nicht mehr wie ein Mittagsschläfchen angefühlt – komisch, kaum ist man 18 Stunden auf den Beinen, kraxelt einen Berg hoch und wieder runter, und wird von Dutzenden neuen Eindrücken überflutet, schon ist man nachts müde! Es gibt aber auch Mitstreiter, die noch bis 2:30 Uhr morgens ihre Fotos durchgeschaut haben, die Tatsache dass es ständig Tageslicht hat ist wirklich gewöhnungsbedürftig.

 Kurz nach 7 Uhr trifft man sich wieder beim Frühstück, und um 8 Uhr sind wir alle vor dem Hotel um mit Ottgeir und Stefan erneut auf Tour zu gehen. Meine nassen Schuhe von gestern sind leider noch nicht wieder trocken, weil ich sie blöderweise nicht auf die Heizung gestellt hatte, somit kommen die Ersatzschuhe zum Einsatz .. etwas das sich in den nächsten Stunden noch ein wenig rächen sollte.

Mein erklärtes Ziel für heute ist es, weniger Fotos als gestern zu schiessen – über 1700 Bilder an einem Tag sind Vor- und Nachteil der modernen Hochgeschwindigkeitskameras in einem zusammengefasst. Dazu reduziere ich die Standardeinstellung der Nikon von 10 Bilder/sek auf „nur“ noch 6, wobei sich das im Bedarfsfall (scheue Füchse, schnelle Vögel) auf Knopfdruck auch wieder auf 20/sek hochschrauben lässt.

Am Vormittag geht es erstmal die gleiche Strecke entlang wie gestern, da wir auf eine Wiederholung der Fuchsbegegnung hoffen – eine Hoffnung die aber leider enttäuscht wird. Wir sehen diverse Vögel, Rentierkälber, etc. aber keine Spur von Füchsen.

Drei Schneehuhn-Hähne (Schnee-Hähne? Schneehuhn-Männchen?) beharken sich in einem Schotterfeld nicht weit von uns – der Hauptaggressor vertreibt erfolgreich nach und nach die beiden Anderen, und kaum sind die Gegner weg fliegt er selbst auch davon. Seltsam.

Wenn sich keine Füchse zeigen machen wir halt schöne Aufnahmen von uns selbst und unserer Fotoausrüstung 🙂 

Gefragt waren alle Objektive ab 400mm Brennweite .. ein stolzer «Fuhrpark»!

Quelle: Stefan Forster

Quelle: Stefan Forster

Am Pausen-Plateau von gestern kommen wir heute einiges früher an, und ich lasse auch hier nochmal die Drohne hochsteigen.

Auch die Arctic Skua von gestern (oder eine ihrer Schwestern) ist heute wieder vor Ort und fliegt ausdauernd um uns herum – normalerweise ist das Drohverhalten um mögliche Nesträuber zu vertreiben, wir halten also gebührend Abstand.

Heute erwische ich die Skua auch mehrmals in der für sie typischen «Engelflügel-Haltung»

Im Gegensatz zu gestern drehen wir heute an dieser Stelle aber nicht um, sondern wandern weiter um die Rentierkälber zu beobachten. Ebenfalls anders als gestern erleben wir heute das Phänomen von starkem Hitzeflimmern – etwas das nicht unbedingt durch sonderlich hohe absolute Temperaturen entsteht (es hat vielleicht 7-8 Grad), sondern durch aufsteigende Luftschichten mit relativen Temperaturunterschieden.

Durch lange Brennweiten der Teleobjektive wird das Ganze noch verstärkt, und das hat heute leider zur Folge, dass praktische alle Bilder der Rentierkälber trotz richtig gesetztem Fokus verwaschen und unscharf sind. Dagegen lässt sich auch nicht viel machen, auch Profis wie Stefan bekommen auf diese Distanz kein scharfes Bild zustande. Ich nehme trotz Unschärfe ein paar der Fotos hier mit auf, einfach damit man sieht wie schön es war.

Ab hier gabs dann auch wieder scharfe Aufnahmen:

Die Wanderung ist dafür wunderschön, und der Boden von Schnee und kleinen Bachläufen durchdrungen.

Durchdrungen sind aber auch meine Ersatzschuhe, die zwar wasserfest sind, aber nur bis zu einer Risthöhe von wenigen Zentimetern, und der pflatschnasse Boden sorgt dafür dass ich eine aktive Fusskühlung erhalte. Ich bin zwar nicht der Einzige mit dem Problem, und zunächst ist es bei den Temperaturen nicht einmal so unangenehm, aber kalte Füsse machen mit der Zeit keinen Spass.

Kein Ufo, sondern ein überdachter Aussen-Pool bei einem der Ferienhäuser – unverbaubarer Meerblick inklusive!

Als wir zum Mittagessen zurück nach Longyearbyen fahren, wieder ins gleiche Lokal wie
gestern, nutze ich die Gelegenheit für einen schnellen Abstecher ins Hotel – kurzes heisses Fussbad in der Dusche inklusive. Meine anderen Schuhe sind inzwischen zum Glück trocken (eine Wohltat!) und die aktuellen wandern schnurstracks auf die Heizung, ich lerne ja dazu. Der anschliessende Burger im „Stationen“ schmeckt auch heute wieder hervorragend.

Nach dem Mittagessen geht es direkt weiter auf Tour, weil wir Ottgeir heute nur bis 16 Uhr gebucht haben. Wir fahren zum Ortsausgang in der Richtung, wo wir gestern die Gruppenbilder am Eisbären-Schild gemacht hatten, und von dort einige Berge (naja, eher „Hügel“) hoch. Das Wetter hat inzwischen deutlich eingetrübt und ist sehr viel typischer für die Gegend als gestern, und so ist die Aussicht nur begrenzt eindrucksvoll – Peter und ich jagen trotzdem die Drohnen hoch und machen ein paar schnelle Panoramabilder.

Anschliessend geht es zurück in die Ebene für die nächsten beiden Punkte auf der Planung. Als
Erstes halten wir gefühlt mitten im Nirgendwo an, aber nur 5 Meter von der Strasse entfernt kann man ein beunruhigendes Phänomen beobachten – der Boden hier ist eigentlich Permafrostboden, aber mittlerweile ist das hier leider auch nicht mehr wirklich „perma“…

Danach fahren wir zu einem weiteren Tal, in dem Ottgeir einen Fuchsbau kennt. Auch hier treffen wir leider keine Bewohner an, dafür an einem nahegelegenen Gewässer einen Vogel namens «Red-necked Phalarope» – oder auf Deutsch sehr viel schöner als «Odinshühnchen» benannt. Laut Ottgeir ist das der schönste Vogel Spitzbergens, und auch ziemlich selten zu finden.

Nachdem wir alle dutzende hunderte Bilder von Odins Hühnchen geschossen haben ist es schon
wieder fast 16 Uhr, und es geht zurück zum Hotel. Bis 17:30 Uhr ist Pause, danach machen sich diejenigen von uns die wollten nochmal auf den Weg zum allerersten Fuchsbau von gestern morgen. Die ersten 2 Tage der Reise stehen schliesslich explizit im Zeichen der Polarfüchse in der Beschreibung!

Unterwegs fahren wir am Hafen vorbei, und erspähen dort die MS Freya, unser Zuhause für die nächsten 10 Tage ab Morgen! Heute ist der letzte volle Tag der aktuellen Reisegruppe auf dem Schiff – die Freya läuft zum Reiseende jeweils bis 17 Uhr den Hafen von Longyearbyen an, abends findet das Captain’s Dinner statt, und die Gruppe übernachtet noch einmal auf dem Schiff bevor es am nächsten Morgen Abschied nehmen heisst. Bei uns wird das dann auch so ablaufen, aber momentan liegt ja erstmal noch alles vor uns!

Wir fahren weiter zu dem Platz an dem der Fuchs gestern unterwegs war und schauen erstmal.
Sarah ist begeisterte Tourenwanderin und klettert spontan über Stock und Stein und Geröll den Berg hoch und wartet ab.. in der Zwischenzeit vertreibt sich der Rest die Zeit mit Ausschau halten und diversen anderen Motiven im Umfeld.

Quelle: Stefan Forster

Stefan fällt irgendwann auf, dass Sarah ständig die Kamera oben hat und damit ins Geröllfeld oberhalb von ihr zielt. Dank seines guten Fernglases erkennt er dann, dass sie zufälliger- und unglaublicherweise tatsächlich dort oben den Fuchs gefunden hat!

Alle rennen daraufhin mehr oder weniger schnell den Berg hoch um einen Blick/Foto zu erhaschen. Der Fuchs ist nach wie vor scheu und bewegt sich fast ausser Sicht den Berg hinunter, also rennt die halbe Mannschaft auch nach unten, in der Zeit klettert er aber wieder hoch, es ist wie verhext.  Ein paar Schnappschüsse schaffe ich dann aber doch, 800er sei dank.

Irgendwann akzeptieren wir dass es für den Moment erstmal vorbei ist mit Füchsen, und fahren zurück in die Stadt – wir sind bereits wieder spät dran fürs Nachtessen. Dinner ist heute in der Funken Lodge, dem vermutlich nobelsten Hotel/Restaurant in Longyearbyen, das allerdings einige Minuten mit dem Auto vom Zentrum weg liegt (gut 15-20 Min. zu Fuss).

Quelle: Natascha

Die Buchung in der Lodge hatte sich als eher mühsam erwiesen, weil sie bei 13 Leuten erst Essen a la card angeboten hatten, dann wieder feste Menüauswahl mit gleichem Essen für alle wollten, etc. – Stefan war zwischendurch recht genervt, aber die Qualität des Essens war immerhin ausgezeichnet.

Da wir aber schon spät dran sind hatten wir keine Zeit mehr zum Umziehen, wir fallen also in Outdoor-Klamotten und mit „bad hair day“ Frisuren von Wind und Mützen im Nobelschuppen ein, was einige der anderen (und wesentlich gepflegter aussehenden) Gäste deutlich indigniert zur Kenntnis nehmen. Aber das war in dem Fall Pech für die Kuh Elsa, wir hatten es
jedenfalls sehr lustig.

Um kurz vor 23 Uhr sind wir fertig mit bezahlen und es geht zurück zum Hotel. Auf dem Weg
fragt Peter halb im Spass, halb im Ernst „ach, können wir nicht nochmal nach den Füchsen schauen?“. Und Stefan ist natürlich direkt voll begeistert („ach ja klar, dafür werde ich ja bezahlt!“), und nach kurzer Umfrage findet sich der übliche harte Kern der Fuchsfreunde im Auto auf dem Weg zum Fuchsbau wieder, während der Rest es vorzieht ins Bett zu gehen.

Perfekte Uhrzeit für die Fuchssuche. Taghell um kurz nach 23 Uhr…

Als wir dann schon einiges am Fuchsbau vorbei über die Schotterpiste schleichen sehe ich
plötzlich von rechts, d.h. also von der Küste her, ganz unvermutet einen Fuchs im gestreckten Galopp nur etwa 50 Meter vor uns über die Strasse rennen.

Wir natürlich alle schnellstens aus dem Auto raus, Kameras geschnappt und los geht’s! Leider ist der Reineke immer noch sehr scheu und schnell weg – ich habe zwar im Schnellschuss ein paar Dutzend Bilder gemacht, aber mehr als ein paar Sekunden hat er uns nicht gegönnt.

Ein paar der Mitreisenden sind (verständlicherweise) recht frustriert daran, aber wir haben ja auf der Reise noch mehr Chancen um Füchse zu sehen.

Da es bereits Mitternacht ist einigen sich alle darauf, dass wir noch eine Viertelstunde warten ob sich etwas tut, und ansonsten dann wieder zum Hotel fahren. Der Fuchs lässt sich nicht mehr blicken, und so sind wir kurz nach halb eins wieder auf unseren Zimmern.

Meinen guten Vorsatz für den heutigen Tag (weniger Bilder!) habe ich einhalten können, allerdings nur knapp – Fuchs und Odinshühnchen sei Dank. Zu den 1700 von gestern sind heute nochmal mehr als 1400 Fotos dazu gekommen. Ich verbringe erstmal noch einige Zeit mit Fotos sichern und sichten, aber mein Notebook ist einfach zu alt/langsam um bei diesen Bilderzahlen auf einen grünen Zweig zu kommen. Zum Glück können wir morgen etwas ausschlafen; um 10 Uhr holen wir unsere Leih-Gummistiefel ab, und um 11 Uhr ist Check-out aus dem Hotel geplant – denn morgen nachmittag geht es endlich aufs Schiff!

Gemachte Fotos: 1’487
Unterkunft: Svalbard Hotel The Vault, Longyearbyen