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Die Nacht in der Caribou Cabin war wunderbar – keine schnarchenden Nachbarn, keine knarzenden Dielen, und morgens eine heisse Dusche im
eigenen Bad ganz ohne Zeitdruck! Entsprechend schlafe ich relativ lange und trödle ein wenig herum, und so ist es bereits 9.30 Uhr als ich auschecke.

Dafür zeigt sich nun ein kleines Ärgernis: meine Windschutzscheibe hat auf der Fahrerseite unten im Eck zwei Sprünge, die mir gestern schon aufgefallen waren, über Nacht aber beide nochmal um 10 cm gewachsen sind! Eine genauere Untersuchung zeigt, dass die beiden offenbar auf einen heftigen Steinschlag zurück gehen, und mir fällt auch gleich ein wo das passiert sein muss: auf dem Dempster hatte einer der entgegenkommenden Wagen nicht (wie es eigentlich gute Etikette ist) abgebremst, sondern war mit voller Geschwindigkeit an mir vorbeigerauscht und hatte mir einen Klumpen Gravel an die Scheibe geschmissen. Und das habe ich jetzt davon…

Zum Glück hatte ich bei der Anmietung noch den «Glass & Tire Waiver» mit abgeschlossen, so dass alle Schäden an Scheiben und Reifen versicherunstechnisch abgedeckt sind – die Versicherung hat sich hiermit also bereits gelohnt.

Ebenfalls ein Glück, dass Tok mit 1’500 Einwohnern gross genug ist, um einen Auto Repair Shop zu haben. Der kann mir zwar nicht weiterhelfen, weiss aber dass es «beim RV Campground einen Guy gibt der Scheiben reparieren kann». Mehr Infos lässt er sich dann zwar nicht entlocken, aber immerhin das, und so klappere ich die beiden umliegenden RV Campgrounds ab.

Am Ersten sehe ich dem jungen Mann an der Kasse bereits an, dass er keine Ahnung hat, und so ist es auch. Beim zweiten Campground dagegen
ein voller Erfolg: Mike und Bob begutachten die Scheibe und schlagen einen Quick Fix vor, um das weitere Wachsen der Sprünge zu verhindern. Dafür müssten sie zwei kleine Löcher in die Sprünge bohren, diese dann mit einer Art klarem Harz füllen und das Ganze anschliessend versiegeln. Kostenpunkt 55 USD.

Ich rufe kurz bei Driving Force an, um das Vorgehen mit ihnen abzustimmen, sie sind aber erstaunlich relaxt und meinen nur, ich solle mir keine Sorgen machen und einfach nichts unternehmen, die Scheibe müsste dann eh gewechselt werden wenn ich das Auto zurückgebe. Ich bin erstmal überrascht, interpretiere das dann aber so dass sie mir halt die Kosten für die Reparatur in Tok nicht erstatten wollen, wenn sie nachher eh die ganze Scheibe ersetzen müssen. Da ich aber keine Lust habe, mir die nächsten 4 Wochen ständig Sorgen um die wachsenden Sprünge im Glas zu machen, oder am Ende gar noch Sprünge direkt im Blickfeld zu haben, lasse ich Mike & Bob dann auf meine Kosten ans Werk gehen.

Am Ende ist es dann natürlich doch nicht ganz so einfach, und dauert etwas länger als die veranschlagte halbe Stunde, aber Bob bekommt das Problem weitestgehend in den Griff. Dabei erzählt er noch, dass er und seine Frau seit vielen Jahren keinen festen Wohnsitz mehr haben, sondern mit ihrem Trailer-Gespann von Ort zu Ort ziehen und ganz Nordamerika bereisen. Unterwegs übernehmen sie irgendwelche Jobs, die dann in der Regel die Kosten für den Standplatz des Trailers und einen Teil der Lebenshaltungskosten abdecken. In Tok sind sie jetzt noch etwa einen Monat, bevor sie danach für einen anderen Job weiterreisen nach Kalifornien, wo sie den Winter über bleiben werden. Die Schulung für Glasreparaturen hat Bob nach Mikes Empfehlung erst vor 2 Jahren besucht, und hat damit jetzt aber ein (weiteres) Business das er überallhin mitnehmen und ausüben kann. Auch eine interessante Variante der Lebensgestaltung!

Gegen halb eins sind die Arbeiten an der Scheibe soweit abgeschlossen, und ich müsste mich langsam aber sicher endlich mal auf den Weg nach Valdez machen. Da ich aber inzwischen ganz schön Kohldampf habe lege ich erst noch einen Stop bei Jen’s Thai Food Truck ein, ordere frisch gemachte gebratene Nudeln, und geniesse draussen im (kurzen) Sonnenschein die Mittagspause.

Um 13 Uhr geht es dann endlich auf die Piste, um die knapp 360 km bis zu meiner heutigen Unterkunft abzuspulen. Nochmal schnell den Boliden vollgetankt, auch wenn die Uhr noch auf 2/3 Voll steht, und los geht’s. Auf Grund des späten Starts halte ich unterwegs heute wenig an und lasse auch die möglichen Viewpoints und Hikes aus, was aber gar nicht so schwer fällt da es fast die ganze Strecke stark bewölkt ist und auch immer wieder mal ordentlich regnet. Echtes Alaska-Wetter eben! Daher gibt es heute auch kaum Fotos vom Tag.

 

 

 

 

 

 

Kurz vor 18 Uhr gelange ich an meiner Unterkunft für die nächsten 3 Nächte an, der Tsaina Lodge direkt am Worthington Gletscher, etwa eine Fahrstunde vor Valdez. Die Lodge ist erst etwas über ein Jahr alt, und will ein Kompromiss aus hoher Qualität mit grünem Gewissen sein, der auch sehr gut aufgeht – Strom wird mit Solarzellen und Generatoren erzeugt, darum gibt es zB keine Fernseher in den modernen und schön angelegten Zimmern. Auf Grund der isolierten Lage bieten das Hotel ein Restaurant und eine Bar an, die zwar ein limitiertes, aber dafür hochwertiges Angebot bieten – so bekomme ich zum Dinner den vermutlich besten Salat, den ich in USA je gegessen habe.

Fotos von der Lodge folgen dann (bei hoffentlich besserem Wetter) morgen. Hier nur Aussicht von meinem Stockwerk – hinter den Wolken und Nebelschwaden liegt übrigens irgendwo der Gletscher:

Unterkunft: Tsaina Lodge, Valdez, Alaska
Gefahrene Km: 362

Gelaufene Km: 5.1
Gemachte Fotos: 34