Nach den gestrigen Erfahrungen mit der Fahrzeit stelle ich den Wecker heute eine halbe Stunde später, wobei 5.30 Uhr sicher nie meine bevorzugte Aufstehzeit werden wird.
Die Fahrt zum Denali NP geht problemlos über die Bühne, es regnet nicht, ist aber bewölkt – und für August saukalt, mit 2 Grad Celsius sieht und fühlt sich der Tag wie ein früher Wintermorgen an.
Im WAC trinke ich erstmal wieder einen ordentlichen heissen Cappucino zum Aufwachen. Heute ist deutlich mehr Andrang als gestern, und für «meinen» Bus sind laut Anzeigentafel keine Tickets mehr verfügbar, es dürfte also voll werden. Der Kantishna Shuttle fährt die komplette Park Road von 92 Meilen, also nochmal 23 Meilen weiter als mein gestriger Ausflug.
Unser Fahrer heute heisst Wayne, und startet erstmal mit einer flotten und durchaus unterhaltsamen Ansprache vor dem dann doch nicht ganz vollen Bus. Leider stellt er sich bald darauf als ziemlich humorbefreit und unentspannt heraus – bei der drittenTiersichtung des Morgens (Karibus) geraten einige der Besucher in Begeisterung und rufen ihm gleichzeitig Ortsangaben für die Tiere zu, worauf er sie erstmal anpflaumt dass er keine Anweisungen der Passagiere bräuchte und schon gar keine «backseat driver», und er sich auch noch um den Rest der Strasse kümmern müsste. Ausserdem hätten wir heute schon Karibus gesehen und er könnte schliesslich nicht bei jedem Tier anhalten (Hallo? Warum kommen die Leute wohl hierher?).
Immerhin begrüsst uns am Anfang der Park Road eine nette Rangerin 🙂
Nunja – am Ende werden wir doch nicht lang mit Wayne fahren, wenn auch die Umstände die dazu führen ziemlich mühsam sind.
Nach anderthalb Stunden gelangen wir nämlich am Teklanika Rest Stop an, bei dem die Shuttles jeweils 10 Minuten Pause machen damit die Leute sich die Füsse vertreten, ggf. Rauchen und zur Toilette gehen können. Heute stehen allerdings bereits 8 Busse auf dem Parkplatz, und wir erfahren dass es wegen der andauernden Schnee- bzw Regenfälle einen Erdrutsch auf der Strecke gegeben hat, und die Park Road im Moment für alle Busse gesperrt ist.
Zur besseren Orientierung, hier die Denali Shuttle Bus Karte: www.nps.gov/dena/planyourvisit/images/denali-park-road-688.jpg
Frühestens in einer Stunde soll es weitergehen. Wir vertreiben uns die Zeit mit Fotografieren, mit den Nebensitzern plaudern und in die Luft starren. Handyempfang gibt es hier keinen, Buch und iPad sind im Hotel geblieben.
Nach einer Stunde kommt die Meldung, dass es mindestens nochmal 2 Stunden dauern wird, bis die Strasse geräumt ist. Da es mittlerweile wieder angefangen hat zu schneien, kann aber keiner sagen welchen Einfluss das haben wird.
Einige der Shuttles fahren nun zurück zum WAC, und wer nicht warten will, kann damit zurück. Ich bin etwas hin- und hergerissen, zumal die Warterei im kühlen Bus nicht wirklich Spass macht, beschliesse dann aber nochmal eine Stunde bis zum nächsten Update zu warten. Da Wayne seinen Bus zurück zum WAC fahren wird, werden die Bleibewilligen auf andere Busse umverteilt. Unser neuer Fahrer heisst … ebenfalls Wayne! Im Gegensatz zu seinem Namensvetter ist dieser aber ein Glücksgriff.
Die nächste Stunde halte ich wie viele Andere ein Nickerchen im Bus. Es ist inzwischen nach Mittag, und viele Passagiere (inkl. mir) liebäugeln langsam mit demWechsel auf einen nächsten Bus zurück an den Parkausgang, als plötzlich ohne Vorwarnung die Meldung kommt, dass die Strasse wieder freigegeben ist!
Bis nach Kantishna werden wir nach den mehr als 3 Stunden Verspätung zwar kaum noch kommen, aber immerhin geht es los. Nächstes Zwischenziel ist der Toklat River Rest Stop, an dem wir gestern auch schon waren, bei Meile 53.
Unterwegs im Park, der heute ganz anders aussieht als noch gestern – zum einen hängt der Nebel nicht mehr so tief drin und verdeckt die Sicht, zum anderen hat es deutlich geschneit. Die beiden Bilder zeigen das gleiche Stück der Park Road, wenn auch mit leicht unterschiedlichen Blickwinkeln – einmal gestern und einmal heute aufgenommen:
Auf dem Weg nach Toklat sehen wir noch einige Tiere, und wie uns der «neue» Wayne irgendwann begeistert erzählt, haben wir damit heute die «Alaska Big 5» alle auf einmal gesehen – Moose, Caribou, Wolf, Bear und Dall Sheep. Das kommt in dieser Konstellation dann auch nicht so oft an einem einzigen Ausflugstag vor!
Vor allem Wölfe sieht man derzeit nicht oft hier – aktuell leben nur 48 Stück im Park, wohlgemerkt auf einem Landstück von 24’500 km2 Grösse; das ist mehr als das Land Hessen hat. Unser Shuttlefahrer selbst hat in dieser Saison noch keine 5 Stück im Park gesehen, das ist also wirklich ein Glücksfall.
Hier also in der Reihenfolge ihrer Sichtung die Alaska Big 5
Moose – leider stehen sie meistens hinter Bäumen und Büschen versteckt am Futtern, aber man erkennt sie trotzdem
Caribous
Eine Grizzly Mama mit 2 Jungtieren, leider waren sie weit weg von der Strasse, daher keine besonders guten Bilder
Der Wolf
Die Dickhornschafe waren heute auch weiter weg als gestern, und wegen des dauernden Schneefalls schlecht zu sehen – daher nur ein Bild der Vollständigkeit halber (die Silhoutten oben am Bergkamm)
Gut, und ein paar Vögel haben wir jenseits der Big 5 auch wieder gesehen, hauptsächlich Gischtläufer, die wenigstens nur davonlaufen, aber nicht fliegen.
Unterwegs
Am Polychrome Overlook, Meile 46 (bzw auf dem Weg dorthin)
Kurz vor 15 Uhr sind wir am Zwischenziel Toklat River Rest Stop und wollen gerade weiterfahren, als die Durchsage kommt dass die Shuttle Busse am Standort bleiben sollen – der vorausfahrende Bus hat wegen Schneeglätte auf der Park Road umdrehen müssen. Nach einigen Minuten kommt dann die Auflösung – für heute fahren die Shuttles nicht weiter als bis Toklat River, alle dort befindlichen Busse werden zum WAC zurück beordert.
Angesichts der fortschreitenden Uhrzeit und dem Dauerschnee bin ich wie eigentlich alle anderen Passagiere auf meinem Bus mit der Entscheidung zufrieden; niemand will bei dem Wetter erst abends um 22 Uhr die Rückfahrt von Kantishna antreten.
Um 18 Uhr sind wir zurück am WAC, und Wayne wird mit reichlich Trinkgeldern verabschiedet – er hat uns trotz widriger Umstände entspannt und stressfrei durch den Nachmittag gebracht, und bei jeder potenziellen Tiersichtung sofort gehalten, Verspätungen hin oder her. Zum Abschied weisst er uns noch darauf hin, im WAC nachzufragen ob wir eine Teilerstattung unseres Tickets bekommen, da der Bus ja nicht die ganze gebuchte Strecke fahren konnte. Da wir eigentlich trotzdem einen schönen Trip hatten, vor allem am Nachmittag, hätte ich das nicht erwartet, frage aber natürlich auch nach – und bekomme von meinen 42 USD Ticketpreis doch tatsächlich ganz unbürokratisch 25 USD erstattet!
Das Geld investiere ich direkt vor Ort in einen heissen Kaffee und anschliessend ins Abendessen, das ich mir heute von Subway hole (den gibts im Touristenörtchen vor dem Parkeingang tatsächlich auch hier).
Morgen muss ich nochmal umziehen, es geht ein kleines Stück weiter nach Norden (aber immer noch in Healy) in die Earthsong Lodge – wenn es nicht so bewölkt wäre, dann wäre das ein idealer Ort für Polarlichter. Leider wird das wohl nix werden, aber die Absagefrist ist schon seit 2 Wochen vorbei, also werde ich trotzdem dort absteigen.
Gefahrene Km: 50 (Auto) / 176 (Bus)
Gelaufene Km: 3.52
Gemachte Fotos: 232
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